BGH: Etwaiger Betreuungsunterhalt muss bei Elternunterhalt berücksichtigt werden

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass bei der Frage, ob jemand hinsichtlich Elternunterhaltes leistungsfähig ist, eine eventuelle Verpflichtung zur Zahlung von Betreuungsunterhalt berücksichtigt werden muss.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Sachverhalt hatte der zuständige Sozialleistungsträger für einen 1941 geborenen Pflegebedürftigen aus übergegangenem Recht von dessen Sohn die Zahlung von Elternunterhalt verlangt. Dieser Sohn lebte in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft und hatte mit seiner Partnerin ein 2008 geborenes gemeinsames Kind. Darüber hinaus lebten in dem Haushalt zwei weitere minderjährige Kinder, die aus der geschiedenen Ehe der Lebensgefährtin stammten.

Das zuständige Amtsgericht, Familiengericht, verpflichtete den Sohn zur Zahlung von Elternunterhal für seinen Vater. Nach Ansicht des Familienrichters könne sich der Sohn – anders als ein verheirateter Unterhaltsschuldner, nicht auf einen erhöhten Familienselbstbehalt berufen, da er seiner Lebensgefährtin nicht zum Familienunterhalt verpflichtet sei. Das Oberlandesgericht hatte diese Entscheidung bestätigt, jedoch die Revision zugelassen.

Daraufhin hat der BGH die Entscheidung aufgehoben und zurückverwiesen. Nach der Auffassung des BGH könne der Sohn sich zwar nicht auf einen erhöhten Familienselbstbehalt berufen, aber es könne sein, dass eine eventuelle Unterhaltspflicht vorranging berücksichtigt werden müsse. Hier verweisen die Richter auf eine mögliche Verpflichtung des Sohnes, für sein 2008 geborenes Kind Betreuungsunterhalt leisten zu müssen. Zwar sei das Kind älter als drei Jahre, aber dem betreuenden Elternteil könne ein Unterhaltsanspruch zustehen, wenn dies der Billigkeit entspreche. Hier spielen sowohl kinds- als auch elternbezogene Gründe eine Rolle. Solche können bei zusammenlebenden Eltern auch darin liegen, dass ein Elternteil das gemeinsame Kind im Einvernehmen mit dem anderen Elternteil persönlich betreut und deshalb voll oder teilweise an einer Erwerbstätigkeit gehindert sei. Eine rechtsmissbräuchliche Ausgestaltung des familiären Zusammenlebens zu Lasten des Unterhaltsanspruchs des Vaters sei hier nicht ersichtlich.

Daher muss sich jetzt das OLG erneut mit dieser Thematik beschäftigen und insbesondere feststellen, ob Betreuungsunterhalt geschuldet ist oder nicht. Ist dies der Fall, muss er auf jeden Fall bei der Bemessung des Elternunterhaltes berücksichtigt werden.

BGH, Beschluss vom 9. März 2016 – XII ZB 693/14

Quelle: Pressemitteilung des BGH

BGH: Keine Verwirkung des Anspruchs auf Unterhalt bei Enterbung und Kontaktabbruch

Der Bundesgerichtshof hat sich in einer Entscheidung vom 12. Februar 2014 mit der Frage beschäftigt, ob ein Unterhaltsberechtigter evtl. seinen Anspruch auf Unterhalt seitens seines Sohnes dadurch verwirkt haben könnte, als er einseitig den Kontakt abbrach und seinen Sohn zudem enterbte.

Die Eltern des Sohnes hatten sich scheiden lassen und seit der Volljährigkeit hatte der Sohn keinen Kontakt mehr zu seinem Vater. Der Vater errichtete zudem ein Testament, wonach seine Lebensgefährtin Erbin werden sollte und dem Sohn nur ein Pflichtteil zugestanden wurde. Als der Vater pflegebedürftig war, machte der Sozialleistungsträger aus übergegangenem Recht Unterhaltsansprüche des Vaters gegen den Sohn geltend. Der Sohn vertrat die Auffassung, dass der Vater durch den einseitigen Kontaktabbruch und die Tatsache der Enterbung jedenfalls etwaige Unterhaltsansprüche verwirkt habe.

Das erstinstanzliche Familiengericht sahe eine Unterhaltspflicht trotzdem als bestehend an, das Oberlandesgericht folgte der Argumentation des Sohnes. Der BGH schließlich hat den Berufungsbeschluss aufgehoben und die Entscheidung des Familiengerichts bestätigt.

Nach der Auffassung des BGH wird ein Unterhaltsanspruch jedenfalls nicht durch eine vorhergehende Enterbung verwirkt. Dies ergebe sich aus der Testierfähigkeit, wonach jeder frei über seine Nachfolge entscheiden können und eine Enterbung Ausfluss dieser Freiheit sei.

Zwar stelle ein Kontaktabbruch eine Verfehlung hinsichtlich der Pflicht auf Beistand und Rücksichtnahme dar, aber es bedarf hier weiterer Momente, die diese so gravierend erscheinen lassen, dass ein Unterhaltsanspruch verwirkt sein kann. In dem vorliegenden Fall sei dies, so der BGH, nicht gegeben. In den ersten 18 Lebensjahren des Sohnes hat sich der Vater schließlich um diesen gekümmert und in dieser wichtigen Lebensphase seinen elterlichen Verpflichtungen genügt.

Quelle: Pressemitteilung des BGH

BGH, Beschluss vom 12.02.2014, XII ZB 607/12