Ist jemand enterbt worden, kann er bei naher Verwandtschaft seinen Pflichtteil in Anspruch nehmen. Bei der Berechnung dieses Pflichtteils können bestimmte Positionen abgezogen werden. Hierzu gehören zum Beispiel die Beisetzungskosten. Es konnte hier zu einem Streit kommen, ob zu diesen Kosten auch die Kosten der Grabpflege gehören. Hierrunter sind die Aufwendungen zu verstehen, die nach der ersten Herrichtung eines Grabes entstehen, also Pflege, Blumen etc.
Der BGH hat in seinem Urteil vom 26.05.2021 entschieden, dass Grabpflegekosten nicht abzugsfähig sind. Dies gilt auch dann, wenn ein Erblasser in seinem Testament ausdrücklich die Erben verpflichtet hat, eine Grabpflege zu gewährleisten.
Der BGH vertritt die Auffassung, dass Kosten der Instandhaltung und Pflege der Grabstätte und des Grabmals nicht mehr zu den Kosten der Beerdigungzählen, sondern allenfalls einer sittlichen Verpflichtung des Erben entspringen. Dies entspricht der bisher geltenden Rechtssprechung.
Unklar war bisher aber, ob das auch dann gilt, wenn ein Erblasser ausdrücklich in seinem Testament eine Anordnung hinsichtlich einer Grabpflege trifft.
Bei der Verpflichtung der Erben, die Grabpflege zu organisieren, handele es sich – so der BGH – um eine sogenannte Auflage. Ein Anspruch auf einen Pflichtteil sei aber vorrangig vor Vermächtnissen und Auflagen. Ein Erblasser könne den Pflichtteilsanspruch nicht dadurch aushöhlen, dass er Vermächtnisse und Auflagen anordnet.
Daher findet auch in solchen Fällen ein Abzug der Grabpflegekosten nicht statt.
Interessanterweise hat der BGH jedoch auf eine Möglichkeit hingewiesen, wie von einem Pflichtteil trotzdem die Grabpflegekosten abgezogen werden können: Wird vor dem Tod ein Vertrag über eine Dauergrabpflege abgeschlossen, dann handelt es sich um eine Nachlassverbindlichkeit, die die Erben erfüllen müssen. Nachlassverbindlichkeiten sind von einem Pflichtteilsanspruch abziehbar.
Quelle: BGH, Urteil vom 26.05.2021 – IV ZR 174/20