OLG Hamm entscheidet zur Vererbung von Leibrentenansprüchen

Das Oberlandesgericht Hamm hat sich in einem Urteil vom vom 24.10.2017 mit der Vererbung von Leibrentenansprüchen beschäftigt, die ein Erblasser nicht haben wollte.

In dem dem Urteil zugrunde liegenden Sachverhalt hatte ein Erblasser seinem Sohn bereits 1996 einen Unternehmensanteil notariell übertragen und dafür eine Leibrente in Höhe von 10.000 DM pro Monat vereinbart. Im selben Jahr setzte er seine Tochter zur Alleinerbin ein. Zunächst wurde die Leibrente vollständig gezahlt, ab dem Jahr 2001 jedoch von dem Beklagten reduziert, so dass sich bis zum dem Erbfall im Jahr  2014 eine Minderzahlung in Höhe von insgesamt 295.000 Euro ergab. Zu seinen Lebzeiten machte der Erblasser einen Ausgleich der Minderzahlung nicht geltend.

Seine Alleinerbin und Tochter verlangte von ihrem Bruder nach dem Erbfall die Erstattung dieses Betrages. Sie vertrat hier die Auffassung, diese Zahlung sei lediglich gestundet worden. Der Bruder hingegen meinte, der gemeinsame Vater habe ohne seine Mitwirkung eine Reduzierung der Zahlung veranlasst. Darüber hinaus erhob er die Einrede der Verjährung.

Das erstinstanzliche Landgericht gabe der Klage in vollem Umfang statt, das OLG Hamm entschied, dass hier nur ein Zahlungsanspruch in Höhe von 53.000 Euro bestünden, alles, was vor dem Jahr 2012 liege, sei verjährt.

Nach der Auffassung des OLG konnte die Klägerin nicht nachweisen, dass eine Stundungsabrede bestanden habe zwischen dem Erblasser und seinem Sohn. Der Erblasser habe einen mit der Zahlung der Leibrentenansprüche beauftragten Familienangehörigen selber angewiesen, die Zahlungen zu kürzen. Eine Stundungsabrede ergebe sich daraus nicht. Somit seien die Ansprüche vor 2012 im Ergebnis verjährt.

Quelle: Pressemitteilung OLG Hamm

OLG Hamm, Urteil vom 24.10.2017, 10 U 14/17

OLG Hamm: Klare Formulierungen erforderlich hinsichtlich des „Vererbens“ einer Lebensversicherung

Das Oberandesgericht Hamm hat sich in einer Entscheidung mit der Frage beschäftigt, wer eine Lebensversicherung „erbt“. Grundsätzlich kann ein Versicherungsnehmer einer Lebensversicherung eine sogenannte bezugsberechtigte Person einsetzen, an welche die Leistung der Lebensversicherung gezahlt werden soll. Oft finden sich hier aber unklare Formulierungen, so dass schlimmstenfalls Gerichte sich mit der Auslegung beschäftigen müssen.

In dem zur Entscheidung stehenden Fall hatte jemand bestimmt, dass die Lebensversicherung nach seinem Tod den „Eltern, bei Heirat Ehegatte“ zustehen soll. Nach dem Tod des Erblassers entstand ein Streit zwischen den Eltern des Verstorbenen und seiner Tochter.

Das OLG Hamm entschied, dass die Eltern des Erblassers die Leistung beanspruchen könnten, da dessen Ehe bereits geschieden worden war. Zwar war die Tochter Alleinerbin des Erblassers geworden, aber aufgrund der Formulierung falle die Versicherungsleistung nicht in den Nachlass. Das Gericht schloss sich nicht der Argumentation der Tochter an, wonach nach dessen Heirat die Bezugsberechtigung der Eltern weggefallen sei. Die Formulierung „Eltern, bei Heirat Ehegatte“ legte das Gericht hierbei so aus, dass der Erblasser eine Änderung nur während des Bestandes der Ehe haben wollte. Nach Scheidung der Ehe sei daher die Bezugsberechtigung der Eltern wieder zum Tragen gekommen.

Daher empfiehlt es sich, regelmässig die Bezugsberechtigung bei vorhandenen Lebensversicherungen zu überprüfen und zu kontrollieren, ob dies noch dem aktuellen Willen entspricht. Eine Änderung der Bezugsberechtigung ist im Normalfall durch Erklärung gegenüber dem Versicherer möglich. Ist eine bezugsberechtigte Person angegeben, dann fällt eine Lebensversicherung grundsätzlich nich in den Nachlass.

Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm

OLG Hamm, Beschluss vom 13.05.2016, 20 W 20/16

OLG Hamm: „Zettel-Testamente“ stellen nur Entwürfe dar

In einer Entscheidung musste sich das OLG Hamm mit der Frage beschäftigen, ob zwei auf einem ausgeschnittenen Stück Papier und auf einem gefalteten Pergamentpapier niedergelegte Schriften wirksame Testamente oder lediglich Entwürfe darstellen.

Gestützt auf zwei im Jahr 1986 angefertigte Schriftstücke wurde ein Erbscheinsantrag gestellt. Dieser wurde wurde vom zuständigen Nachlassgericht zurückgewiesen, was das OLG Hamm im Beschwerdeverfahren bestätigte.

Die Erblasserin hatte im Jahr 1986 zunächst auf einem ausgeschnittenen Stück Papier, ca. 8×10 cm groß, angeblich ihren letzten Willen dargelegt. Ebenfalls im Jahr 1986 wurde dies leicht abgewandelt auf einem Stück Pergamentpapier wiederholt.

Das Gericht hatte hier erhebliche Zweifel an dem Testierwillen der Erblasserin. Diese ergäben sich bereits daraus, dass ein Testament üblicherweise auf einer Schreibunterlage und nicht auf Zetteln errichtet werde. Auch fänden sich im Text erhebliche Schreib- und Grammatikfehler. Auch spräche gegen die Einordung als Testament der Umstand, dass beide Schriftstücke im Jahr 1986 mit fast identischem Inhalt aufgesetzt wurden. Schließlich seien die Schriftstücke in einer ungeordneten Schatulle voller wichtiger und unwichtiger Unterlagen gefunden worden.

Im Ergebnis kommt das Gericht daher zu der Einschätzung, dass es sich lediglich um Entwürfe und noch nicht um wirksam errichtete Testamente handelt.

OLG Hamm, 27.11.2015, 10 W 153/15

Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm

OLG Hamm: Unvollständiges gemeinschaftliches Testament muss kein Einzeltestament sein

Das Oberlandesgericht Hamm hat sich in einer Entscheidung mit der Frage beschäftigt, ob ein unvollständiges Ehegattentestament ein gültiges Einzeltestament sein muss.

In dem der Entscheidung zugrundeliegendem Sachverhalt hatte ein Ehemann ein gemeinschaftliches Testament auch für seine Ehefrau entworfen und unterzeichnet. Danach sollte nach dem Tod des einen Ehepartners der überlebende Partner Vorerbe und eines der vier Kinder nach dem Tod des zweiten Ehepartners Nacherbe sein. Die Ehefrau unterzeichnete den Entwurf nicht, so dass jedenfalls kein gültiges Ehegattentestament zustande gekommen war.

Nach dem Tod des Ehemannes beantragte die Ehefrau einen Erbschein aufgrund gesetzlicher Erbfolge. Diesen erteilte das erstinstanzliche Nachlassgericht jedoch nicht. Nach der Auffassung des Amtsgerichtes sei der Entwurf dahingehend auszulegen, dass es zwar kein gültiges gemeinschaftliches Testament sei, aber ein wirksames Einzeltestament des Ehemannes, so dass keine gesetzliche Erbfolge eintrete.

Dieser Auffassung folgte das Oberlandesgericht nicht und hob die Entscheidung des Amtsgerichtes auf. Nach der Ansicht des OLG handelt es sich bei dem unterzeichneten Entwurf nicht um ein wirksames Einzeltestament des Ehemannes. Zwar genüge es der gesetzlichen Form eines Einzeltestaments (handschriftlich und unterzeichnet vom Erblasser), aber es fehle der Wille des Ehemannes, ein Einzeltestament zu errichten. Es könne nicht angenommen werden, dass der Ehemann auch ohne Unterschrift der Ehefrau dann ein Einzeltestament errichten habe wollen. Das ergebe sich daraus, dass es Ziel des Ehemannes gewesen sei, das Familienhaus der Eheleute, welches beiden Ehepartner gehörte, auf jeden Fall im Besitz der Familie zu erhalten. Zu diesem Zweck sollte der gesamte Nachlass, also inklusive Haus, zuerst an den überlebenden Ehepartner und dann an ein einzelnes Kind übergehen. Die Auslegung des Entwurfes als Einzeltestament würde dem Wunsch des Erblassers jedoch nicht gerecht, da hier nur über die Hälfte des Hauses verfügt werden könnte, so dass der Wunsch eben nicht erreicht würde. Hierzu wäre erforderlich gewesen, dass auch die Ehefrau durch Unterzeichnung des Entwurfes die Absicht geteilt hätte, was jedoch unterblieben ist. Daher spreche dies gegen die Deutung des Entwurfes als Einzeltestament.

Im Ergebnis hat das OLG die Zurückweisung des Erbscheinsantrages aufgehoben mit dem Ergebnis, dass gesetzliche Erbfolge eingetreten ist, wonach der Ehemann von seiner Ehefrau und den vier Kindern beerbt wird.

Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm

OLG Hamm, 21.02.2014, 15 W 26/14

OLG Hamm: „Ein für alle Male abgefunden“ kann Erbverzicht ausdrücken

Das Oberlandesgericht Hamm hat in einer Entscheidung am 22.07.2014 entschieden, dass die Formulierung „ein für alle Male abgefunden“ in einem notariellen Erbauseinandersetzungsvertrag dahingehend ausgelegt werden kann, dass damit auch auf ein zukünftiges Erbe verzichtet wird.

In dem der Entscheidung zugrundeliegendem Sachverhalt hatte ein Ehepaar zwei Kinder. Nach dem Tod des Vaters wurde dieser von seiner Ehefrau und den beiden Kindern beerbt. Die Tochter veräußerte ihrem Bruder den Erbteil nach dem Vater im Rahmen einers auch mit der Mutter geschlossenen notariellen Erbauseinandersetzungsvertrags. Es wurde die Klausel aufgenommen, wonach gegen die Zahlung eines vereinbarten Betrages die Tochter “vom elterlichen Vermögen unter Lebenden und von Todes wegen ein für alle Male abgefunden“ sei.

Nach dem Tod der Mutter beantragte der Sohn einen Alleinerbschein in der Auffassung, seiner Schwester stehe aufgrund der vorgenannten Klausel nach dem Tod der Mutter kein Erbteil zu. Die Schwester hingegen war der Meinung, sie habe lediglich auf den Erbteil nach dem Vater verzichtet, nach der Mutter sei sie gesetzliche Miterbin geworden.

Das erstinstanzliche Nachlassgericht hat sich dieser Auffassung angeschlossen. Diese Entscheidung hob das OLG auf.

Zur Überzeigung des OLG hat die Tochter in dem Erbauseinandersetzungsvertrag auch auf Erbansprüche nach der Mutter verzichtet. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut der Erklärung und es sei nicht nötig, dass explizit die Formulierung „Erbverzicht“ aufgenommen werde. Ausreichend ist, dass der Verzichtswille hinreichend deutlich aus der Erklärung hevorgeht. Insbesondere aus der Formulierung „elterliches Vermögen“ lasse sich nicht entnehmen, dass hiermit nur das väterliche Vermögen gemeint sein solle. Auch aus der weiteren Formulierung sei auch für einen juristischen Laien ersichtlich, dass diese Formulierung weitreichende Folgen auch für den Erbfall nach der Mutter haben werde.

Darüber hinaus enthalte der weitere Vertragstext Regelungen das Erbrecht des Sohnes nach der Mutter, woraus sich ergebe, dass er auch das Erbrecht der Tochte habe regeln sollen. Zudem sei den Vertragsparteien klar gewesen, dass die Zahlungen an die Tochter aufgrund der damaligen wirtschaftlichen Situation des Sohnes aus dem elterlichen Vermögen geleistet würden, so dass sie erheblich besser gestellt wurde, als ihr eigentlich aus dem 1/4 Erbanteil nach dem Vater zugestanden hätte.

Somit ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte für ein bestehendes Erbrecht der Tochter nach der Mutter.

Quelle: Pressemitteilung OLG Hamm

OLG Hamm, Beschluss vom 22.07.2014, 15 W 92/14

OLG Hamm: Beifahrer nicht verpflichtet, auf Verkehrszeichen zu achten

Das Oberlandesgericht Hamm hat in einer Entscheidung vom 18. Juni 2014 festgestellt, dass ein Beifahrer grundsätzlich nicht verpflichtet ist, auf Verkehrsschilder zu achten. Ihn trifft insbesondere keine Pflicht bei einem Fahrerwechsel, sich nach einem durch vorherige Beschilderung angeordnetem Überholverbot zu verkundigen.

Ein Beifahrer hatte an einem Parkplatz das Steuer des Wagens übernommen, weil sich die Fahrerin um ein Kind auf dem Rücksitz kümmern musste. Bei der Weiterfahrt mißachtete der nunmehrige Fahrer ein Überholverbot, das durch ein Verkehrsschild noch während der Fahrt der Ehefrau angeordnet worden war. Es wurde ein Bußgeld verhängt. Das Amtsgericht vertrat die Auffassung, dass sich ein Beifahrer bei Fahrtantritt bei dem bisherigen Fahrer hätte nach den geltenden Verkehrsregelungen erkundigen müssen.

Dieser Auffassung folgte das OLG nicht. Ein Beifahrer ist kein Verkehrsteilnehmer und muss daher nicht auf Verkehrszeichen achten. Eine Rechtsgrundlage dafür, dass er sich bei Fahrerwechsel beim bisherigen Fahrer erkundigen müsse, existiert nicht. Das Verkehrsschild sei zum Zeitpunkt des Wechsels nicht mehr sichtbar gewesen und daher für den Fahrer nicht verbindlich.

Das OLG verwies die Sacher erneut an das Amtsgericht, da es nicht beurteilen könnte, ob den Fahrer evtl. aus anderen Gründen eine Pflichtverletzung vorgeworfen werden könne. Diese könnte sich daraus ergeben, dass die Strecke – und damit das Überholverbot – dem Fahrer bereits bekannt war. Auch sei es möglich, dass die örtlichen Begebenheiten das Vorliegen eines Überholverbotes besonders nahe legten. Das Amtsgericht muss diesen Fragen nunmehr in einer neuen Entscheidung nachgehen.

OLG Hamm, Beschluss vom 18.06.2014, 1 RBs 89/14

Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm

 

OLG Hamm: Schlusserbe wird nicht Ersatzerbe

In einer Entscheidung vom 14.03.2014 hatte sich das Oberlandesgericht Hamm mit der Frage beschäftigen müssen, ob bei Ausschlagung des in einem gemeinschaftlichen Testament zum Alleinerben bestimmten Ehepartners der Schlusserbe dann Ersatzerbe wird.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall hatte ein Ehepaar sich in einem gemeinschaftlichem Testament gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt. Schlusserben sollten die Tochter des Ehemannes aus erster Ehe und der Neffe der mitverfügenden 2. Ehefrau werden. Nach dem Tod des Ehemannes schlug die Ehefrau die Erbschaft aus jedem Berufungsgrunde aus. Die Tochter des Ehemannes beantragte nun einen Erbschein, der sie als Alleinerbin auswies. Dem trat der Neffe der Ehefrau entgegen und vertrat die Auffassung, dass er als Schlusserbe nun Ersatzerbe neben der Tochter geworden sei und daher ebenfalls Miterbe zu 1/2.

Das zuständige Nachlassgericht Bocholt erteilte der Tochter den begehrten Erbschein als Alleinerbin. Das OLG als Berufungsinstanz hat diese Entscheidung bestätigt.

Nach der Auffassung des Senats komme nur die Tochter als Alleinerbin in Betracht, weitere gesetzliche Erben existieren nicht. Durch die Ausschlagung der Ehefrau hat diese auch ihr gesetzliches Erbrecht ausgeschlagen. Der in dem Ehegattentestament geregelte Fall der Schlusserbeneinsetzung komme hier nicht zum Zuge, da dies nur für den Fall gelten solle, dass der überlebende Ehegatte versterbe. Vorliegend gehe es aber um den Tod des Erstversterbenden und durch die Ausschlagung werde der zweite Fall nicht mehr eintreten können.

Insbesondere enthalte das Testament keine Regelung für den Fall einer Ausschlagung, eine Ersatzerbenbestellung war nicht enthalten. Auch durch Auslegung könne eine solche nicht interpretiert werden. In einem Ehegattentestament wird regelmässig dem überlebenden Ehegatten das gesamte Vermögen als Alleinerben hinterlassen, worüber er frei verfügen könne. Erst nach dem Tod des Letzversterbenden sollen die Schlusserben dasjenige erhalten, was dann noch vorhanden ist. Das setze, so der Senat, aber voraus, dass die Erbschaft nach dem Erstversterbenden durch den Ehegatten auch angetreten werde. Schlägt der Ehegatte aus, kann dem gemeinsamen Testament nicht entnommen werden, dass die Schlusserben dann Ersatzerben sein sollen.

Quelle: Pressemitteilung

OLG Hamm, Beschluss vom 14.03.2014, 15 W 136/13