Hotelier bleibt auf Kosten sitzen

In Deutschland ist niemand verpflichtet, ein Erbe anzunehmen. Man kann ohne Angaben von Gründen eine Erbschaft ausschlagen, ist hier jedoch an bestimmte Fristen gebunden. Grundsätzlich beträgt diese Frist sechs Wochen. Die Frist beginnt, wenn jemand Kenntnis vom Anfall und dem Grund der Erbschaft hat. Wird die Frist versäumt, gilt das Erbe erst einmal als angenommen. Ist ein Erbe ausgeschlagen, muss man auch nicht mehr für die Schulden des Verstorbenen aufkommen.

Das Amtsgericht Ansbach hatte über einen Fall zu entscheiden, bei dem streitig war, ob eine Erbin rechtzeitig ausgeschlagen hatte. Ein Ansbacher Hotelier hatte eine Forderung gegen den Nachlass und vertrat die Auffassung, eine Tochter des Verstorbenen habe nicht rechtzeitig ausgeschlagen und sei Erbin geworden.

Diese Meinung vertrat das AG nicht. Vorliegend habe die Tochter nicht wissen können, ob sie tatsächlich Erbin geworden sei, da der Erblasser in der Vergangenheit zumindest einmal im Ausland ein Testament errichtet hatte. Ein Erbe müsse aber wissen, ob ein Testament existiert oder ob gesetzliche Erbfolge eintritt.

Mithin habe die Tochter rechtzeitig ausgeschlagen. Das AG wies die Klage des Hoteliers ab und auch die Berufungsinstanz bestätigte das Urteil.

In diesem Zusammenhang ist es noch wichtig zu erwähnen, dass eine Ausschlagung nicht direkt bei Abgabe bei Gericht geprüft wird. Diese wird lediglich zu den Akten genommen. Etwaige Gläubiger müssen gegen eine Person vorgehen, von der sie meinen, diese sei Erbe geworden. Erst in dem Verfahren wird dann geprüft, ob eine Ausschlagung wirksam war oder nicht.

Quelle: Bericht beck-aktuell

BGH: Grabpflegekosten beim Pflichtteil nicht abziehbar

Ist jemand enterbt worden, kann er bei naher Verwandtschaft seinen Pflichtteil in Anspruch nehmen. Bei der Berechnung dieses Pflichtteils können bestimmte Positionen abgezogen werden. Hierzu gehören zum Beispiel die Beisetzungskosten. Es konnte hier zu einem Streit kommen, ob zu diesen Kosten auch die Kosten der Grabpflege gehören. Hierrunter sind die Aufwendungen zu verstehen, die nach der ersten Herrichtung eines Grabes entstehen, also Pflege, Blumen etc.

Der BGH hat in seinem Urteil vom 26.05.2021 entschieden, dass Grabpflegekosten nicht abzugsfähig sind. Dies gilt auch dann, wenn ein Erblasser in seinem Testament ausdrücklich die Erben verpflichtet hat, eine Grabpflege zu gewährleisten.

Der BGH vertritt die Auffassung, dass Kosten der Instandhaltung und Pflege der Grabstätte und des Grabmals nicht mehr zu den Kosten der Beerdigungzählen, sondern allenfalls einer sittlichen Verpflichtung des Erben entspringen. Dies entspricht der bisher geltenden Rechtssprechung.

Unklar war bisher aber, ob das auch dann gilt, wenn ein Erblasser ausdrücklich in seinem Testament eine Anordnung hinsichtlich einer Grabpflege trifft.

Bei der Verpflichtung der Erben, die Grabpflege zu organisieren, handele es sich – so der BGH – um eine sogenannte Auflage. Ein Anspruch auf einen Pflichtteil sei aber vorrangig vor Vermächtnissen und Auflagen. Ein Erblasser könne den Pflichtteilsanspruch nicht dadurch aushöhlen, dass er Vermächtnisse und Auflagen anordnet.

Daher findet auch in solchen Fällen ein Abzug der Grabpflegekosten nicht statt.

Interessanterweise hat der BGH jedoch auf eine Möglichkeit hingewiesen, wie von einem Pflichtteil trotzdem die Grabpflegekosten abgezogen werden können: Wird vor dem Tod ein Vertrag über eine Dauergrabpflege abgeschlossen, dann handelt es sich um eine Nachlassverbindlichkeit, die die Erben erfüllen müssen. Nachlassverbindlichkeiten sind von einem Pflichtteilsanspruch abziehbar.

Quelle: BGH, Urteil vom 26.05.2021 – IV ZR 174/20

Anforderungen an ein notarielles Nachlassverzeichnis

Ein Pflichtteilsberechtigter, also ein naher Angehöriger, der nicht Erbe geworden ist, hat gegen den Erben einen Anspruch auf Auskunft über die Zusammensetzung des Nachlasses. Dies dient dazu, den Pflichtteilsanspruch zu berechnen.

Diese Auskunft kann erfüllt werden durch ein sogenannten qualifiziertes Nachlassverzeichnis, das der Erbe selber abgibt. Ein Pflichtteilsberechtiger kann aber auch verlangen, dass ein amtliches Verzeichnis, das durch einen Notar aufgenommen wird, erstellt wird.

Regelmässig kommt es hier zum Streit, welche eigenen Ermittlungstätigkeiten der Notar auszuführen hat oder aber ob er sich auf die Angaben des Erben verlassen darf. Mittlerweile ist gerichtlich geklärt, dass ein Notar regelmäßig auch zur selbständigen Ermittlung der aufzunehmenden Gegenstände und Forderungen verpflichtet ist. Ein Verzeichnis, das sich lediglich auf die Beurkundung von Angaben des Erben gegenüber dem Notar beschränkt, erfüllt die Anforderungen nicht.

Diese Rechtsprechung wurde auch jüngst vom OLG Celle bestätigt.

In diesem Fall hatte ein Notar lediglich die Erklärungen des Erben beurkundet. Nach Auffassung des Gerichtes wäre er aber verpflichtet gewesen, eigene Ermittlungen anzustellen. Das Gericht weist darauf hin, dass es sich bei einem notariellen Nachlassverzeichnis um einen Bericht über eigene Wahrnehmungen des Notars handelt.

Im Ergebnis kommt es auch auf den konkreten Einzelfall an, wieweit ein Notar sein Aufklärungspotenzial nutzen muss. Dies kann so weit gehen, dass er die Kontenunterlagen durchsehen und prüfen muss, ob sich dort Auffälligkeiten, die auf eine Schenkung hinweisen, finden lassen.

Quelle: OLG Celle, Beschluss vom 25.03.2021, 6 U 74/20

BGH: Schenkung belasteter Wohnung an Minderjährigen

In der erbrechtlichen Praxis ist es ein häufiger Fall, dass Immobilien im Wege der vorweggenommenen Erbfolge vorab an Personen übertragen werden. Hierdurch ist es möglich, alle 10 Jahre die Steuerfreibeträge zu nutzen, um im Todesfall für die Erben Erbschaftssteuer zu sparen. Problematisch kann es jedoch sein, wenn Übertragungen an Minderjährige durchgeführt werden. Aufgrund der gesetzlichen Regelung bedarf es hier oft einer familiengerichtlichen Genehmigung.

Der Bundesgerichtshof hatte jetzt einen Fall zu entscheiden, in dem eine Eigentumswohnung an einen 5 Jahre alten Enkel übertragen wurde, wobei sich die Übertragende selber einen Nießbrauch an dieser Wohnung vorbehalten hatte. Der Enkel sollte also eine belastete Wohnung erhalten. Das Grundbuchamt lehnte eine Eintragung dieses Nießbrauchrechts ab und verlangte eine Genehmigung dieses Vorgangs durch das Familiengericht.

Der BGH hat jetzt entschieden, dass es jedenfalls dann einer Genehmigung nicht bedarf, wenn die Einigung über die Übertragung der Wohnung sowie die Eintragung eines Nießbrauchsrechtes in einer Urkunde geschehen. Denn in diesem Fall bekomme das Minderjährige Kind eine Wohnung geschenkt, die bereits mit einem Nießbrauch belastet sei. Mithin sei der Nießbrauch bereits Teil des Geschenks.

Die Eintragung eines Nießbrauchs oder anderer belastender Rechte nach einer Übertragung einer Immobilie an einen Minderjährigen ist dagegen genehmigungspflichtig. Wird das aber in einer Urkunde vollzogen, also gleichzeitig, bedarf es keiner familiengerichtlichen Genehmigung.

Quelle: BGH, Beschluss vom 11.03.2021 – V ZB 127/19

OLG Köln: Vernichtung nur eines Original-Testaments reicht aus

Das Oberlandesgericht Köln hat entschieden, dass es bei der Existenz mehrer gleichlautender Original-Testamente ausreichen kann, wenn ein Erblasser nur ein Testament vernichtet.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Eine Erblasserin hatte zunächst ihren Urenkel zu ihrem Alleinerben eingesetzt. Später testierte sie neu und setzte nun ihre Haushälterin zur Erbin ein. Hierzu verfasste sie zwei gleichlautende Testamente. Später zerstritt sie sich mit ihrer Haushälterin und vernichtete eines dieser Testamente im Beisein ihres Rechtsanwaltes.

Nach ihrem Tod stellte ihr Urenkel einen Erbscheinsantrag, der ihn als Alleinerben aufführte. Er trug vor, dass die Erblasserin das Testament zu Gunsten ihrer Haushälterin widerrufen habe, so dass wieder das Testament zu seinen Gunsten gelte. Hiergegen vertrat die Haushälterin die Auffassung, dass sie Alleinerbin geworden sei und legte das zweite Testament zu ihren Gunsten vor.

Das Nachlassgericht vertrat die Auffassung, dass der Urenkel Erbe sei und die dagegen gerichtete Beschwerde wurde von dem OLG Köln zurückgewiesen.

Nach Auffassung des OLG Köln könne, wenn mehrere Testamente existieren, es ausreichen, wenn eines dieser Testamente vernichtet werde und keine Zweifel am Aufhebungswillen des Testierenden existieren. Der Rechtsanwalt der Erblasserin war als Zeuge gehört worden und konnte bestätigen, dass die Erblasserin das Testament vernichtet hatte und dabei deutlich machte, nicht an der Erbeinsetzung der Haushälterin festhalten zu wollen. Darüber hinaus stand fest, dass die Erblasserin keinen Kontakt mehr zu der Haushälterin mehr pflegte und auch im Streit zu dieser stand. Angesichts des Alters der Erblasserin von über 90 Jahren ging das Gericht auch davon aus, dass sie das zweite Testament schlicht vergessen hatte.

Daher sei, so das OLG, trotz Existenz eines weiteren Originals davon auszugehen, dass die Erblasserin das Testament zugunsten der Haushälterin widerrufen habe.

OLG Köln, Beschluss vom 22.04.2020, 2 Wx 84/20

Quelle: Pressemitteilung OLG Köln

Hilfe, ich bin Erbe geworden! Was jetzt?

Normalerweise kennt jemand die Person, die er oder sie beerbt. Aber immer wieder kommt es vor, dass jemand Erbe wird, ohne irgendwelche Kenntnisse zu haben über den möglichen Nachlass. Warten Millionen auf mich? Oder stehen die Gläubiger schon Schlange?

Es handelt sich hier zunächst um ein rein praktisches Problem: Wie erfahren ich so schnell wie möglich alles, um entscheiden zu können, ob ich Erbe werden will. Oder soll ich besser die Erbschaft ausschlagen.

Berliner Testament – Was ist denn das?

Ein Begriff, den jeder sicher schon einmal gehört hat: Das Berliner Testament. Doch was ist das und warum heißt das so?

Unter der Bezeichnung „Berliner Testament“ versteht man ein gemeinschaftliches Testament, dass nach deutschem Erbrecht Ehegatten und eingetragene Lebenspartner errichten können.

Das Berliner Testament hat viele Vorteile, jedoch auch wichtige Nachteile und es drohen besondere Gefahren.

Wie schlage ich ein Erbe aus?

Muss ich nicht ein Erbe annehmen? Was muss ich machen, um nicht Erbe zu werden?

In unserer Praxis kommt es oft vor, dass jemand denkt, er muss ein Erbe aktiv annehmen – wenn man gar nichts macht, wird man also auch nicht Erbe.

Doch das ist falsch – in Deutschland muss man eine Erbschaft ausschlagen, sonst gilt diese als angenommen. Das kann jedoch weitreichende Folgen haben…

Erbrecht: Was ist eine Auflage?

Ein Testament bietet vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten. So können Erblasser ihre Erben und/oder Vermächtnisnehmer auch mit sogenannten Auflagen belasten.

Oft hat ein Erblasser das Bedürfnis, dass nach seinem Tod bestimmte Dinge geregelt werden. So soll z.B. die Grabpflege gesichert sein oder das geliebte Haustier weiter versorgt werden. In diesen Fällen können Erben oder Vermächtnisnehmer mit Auflagen beschwert werden.

OLG Oldenburg: „Abkömmlinge“ meint auch Enkel, Urenkel…

Bei der Abfassung eines Testamentes ist es ratsam, Formulierungen zu wählen, die möglichst eindeutig sind. Das hilft, Streitigkeiten über die Interpretation der letztwilligen Verfügung zu vermeiden.

In einem Fall, den das OLG Oldenburg als Berufungsinstanz zu entscheiden hatte, hatten sich Eheleute zunächst gegenseitig zu Erben eingesetzt. Der Längstlebende sollte sodann von den „gemeinschaftlichen Abkömmlingen zu gleichen Teilen“ beerbt werden. Zugleich wurde gestattet, dass der Überlebende das Testament dahingehend abändern könne, dass die Erbfolge unter den gemeinschaftlichen Abkömmlingen abgeändert werde.

Die überlebende Ehefrau setzte in einem zweiten Testament ihre Tochter sowie deren Sohn, also das Enkelkind, zu Erben ein. Hiergegen ging die andere Tochter mit dem Argument vor, ein Enkelkind komme nicht in Betracht, denn mit „gemeinschaftlichen Abkömmlingen“ seien nur die Kinder gemeint, nicht aber der Enkelsohn. Das Testament sei daher unwirksam. In der ersten Instanz wurde diese Auffassung bestätigt.

Die Berufungsinstanz wies die Klage jedoch ab. Nach der Auffassung des OLG Oldenburg ist der Begriff des Abkömmlings nicht alleine auf Kinder beschränkt, sondern meint auch Enkel, Urenkel etc. Hätten die Erblasser nur ihre direkten Kinder gemeint, dann hätten sie das, so das OLG, auch geschrieben.

Im Ergebnis ist festzuhalten, dass bei der Formulierung von Testamenten genau auf die Formulierungen geachtet werden muss, um Streit unter den Erben oder möglichen Erben zu vermeiden. Eine anwaltliche Beratung ist daher, insbesondere bei komplizierteren Gestaltungen, dringend empfohlen.

Oberlandesgericht Oldenburg, Urteil vom 11.09.2019, 3 U 24/18

Quelle: Pressemitteilung OLG Oldenburg