Erben tragen keine Kosten für Vaterschaftstest

Wenn die Vaterschaft eines Erblassers festgestellt werden soll, so sind laut dem Oberlandesgericht Schleswig die Erben nicht an dem Gerichtsverfahren zu beteiligen. Jedenfalls aber haben sie keine Kosten zu tragen, da das Ergebnis sie nicht direkt betreffe.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte ein Erblasser mehrere Kinder von verschiedenen Frauen. Bei seinem Versterben 2020 hinterließ er seine Frau, die gemeinsame Tochter und noch zwei Kinder von anderen Müttern. 2020 verlangte eine weitere Frau die Feststellung, dass sie ebenfalls eine Tochter des Erblassers sei. Zuvor hatte sie Pflichtteilsansprüche geltend gemacht, war aber mit dem Hinweis, sie möge ihre Abstammung nachweisen, abgewiesen worden.

In dem Verfahren vor dem Amtsgericht Plön wurden neben der Frau und ihrer Mutter auch die vier Erben beteiligt. Es wurde die tatsächliche Abstammung der Frau von dem Erblasser festgestellt. Daraufhin belastete das AG die Erben mit den Verfahrenskosten.

Hiergegen richtete sich die Beschwerde vor dem OLG. Dieses entschied, dass vielmehr die Tochter und deren Mutter die Kosten zu tragen hätten. Die Erben hätten gar nicht an dem ursprünglichen Verfahren beteiligt werden dürfen, da sie nur „reflexartig“ betroffen seien im Hinblick auf die Verteilung des Nachlasses. Zudem seien die Erben nicht für die verzögerte Vaterschaftsfeststellung verantwortlich, die Tochter und deren Mutter hätten mehr als 15 Jahre vor dem Versterben des Erblassers Zeit gehabt, die Abstammung zu klären. Die Mutter habe zudem versäumt, das Jugendamt rechtzeitig heranzuziehen für eine kostengünstige Feststellung.

OLG Schleswig, Beschluss vom 01.06.2023 – 8 WF 50/23

Quelle: Mitteilung beck-aktuell

Mittelabfluss erforderlich für Pflichtteilsstrafklausel

In einem Beschluss vom 21.02.2023 hat das Oberlandesgerichts Frankfurt am Main entschieden, dass ein tatsächlicher Mittelabfluss erforderlich ist, wenn ein einem gemeinschaftlichen Testament eine sogenannte Pflichtteilsstrafklauel enthalten ist, die nicht nur an das Verlangen des Pflichtteils geknüpft ist, sondern auch an den Erhalt.

Die Pflichtteilsstrafklausel dient dazu, dem überlebenden Ehegatten den Nachlass ungeschmälert zu erhalten ohne Pflichtteile an Kinder auszahlen zu müssen.

In dem vorliegenden Fall hatten Eheleute sich gegenseitig zu Erben eingesetzt und Schlusserben sollten die Kinder werden. Explizit wurde aufgenommen: „Wir gehen davon aus, dass unsere Kinder keinen Anspruch auf einen Pflichtteil nach dem Tod des erstverstorbenen Elternteils erheben. Nach dem Tod des überlebenden Partners wird das Vermögen unter den Kindern (…Namen der drei Töchter) zu gleichen Teilen aufgeteilt. Ausgenommen ist dabei das Kind, das einen Pflichtteil beansprucht und erhalten hat.“

Nach dem Tod des längerlebenden Ehegatten bestand Streit, ob eine Tochter noch Miterbin werde, da sie ihren Pflichtteil nach dem Erstversterbenden geltend gemacht habe. Nach Auffassung des OLG könne dies offen bleiben, da sie jedenfalls keinerlei Zahlungen diesbezüglich erhielt.

Maßgeblich sei ein tatsächlicher Mittelabfluss, der hier nicht vorliege. Der Nachlass des Erstversterbenden sei nicht geschmäler worden, so dass die Klausel hier nicht greife.

Mithin ist bei der Aufnahme von Pflichtteilsstrafklauseln genau zu erwägen, wie diese ausgestaltet und formuliert ist. In vielen Fällen soll der Ehegatte nicht nur vor einem Mittelabfluss geschützt werden, sondern auch vor dem Stress, der mit einer bloßen Geltendmachung von Pflichtteilen verbunden ist.

Ein Pflichtteilsberechtigter hat nicht nur einen Zahlungsanspruch (der gesondert und explizit geltend gemacht werden muss), sondern unabhängig davon auch einen Anspruch auf Auskunft und Wertermittlung. Alleine diese Ansprüche kosten den Erben regelmäßig viel Zeit und Nerven.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 21.2.2023, 21 W 104/22

Quelle: Pressemitteilung OLG Frankfurt/Main vom 06.03.2023

BGH: Grabpflegekosten beim Pflichtteil nicht abziehbar

Ist jemand enterbt worden, kann er bei naher Verwandtschaft seinen Pflichtteil in Anspruch nehmen. Bei der Berechnung dieses Pflichtteils können bestimmte Positionen abgezogen werden. Hierzu gehören zum Beispiel die Beisetzungskosten. Es konnte hier zu einem Streit kommen, ob zu diesen Kosten auch die Kosten der Grabpflege gehören. Hierrunter sind die Aufwendungen zu verstehen, die nach der ersten Herrichtung eines Grabes entstehen, also Pflege, Blumen etc.

Der BGH hat in seinem Urteil vom 26.05.2021 entschieden, dass Grabpflegekosten nicht abzugsfähig sind. Dies gilt auch dann, wenn ein Erblasser in seinem Testament ausdrücklich die Erben verpflichtet hat, eine Grabpflege zu gewährleisten.

Der BGH vertritt die Auffassung, dass Kosten der Instandhaltung und Pflege der Grabstätte und des Grabmals nicht mehr zu den Kosten der Beerdigungzählen, sondern allenfalls einer sittlichen Verpflichtung des Erben entspringen. Dies entspricht der bisher geltenden Rechtssprechung.

Unklar war bisher aber, ob das auch dann gilt, wenn ein Erblasser ausdrücklich in seinem Testament eine Anordnung hinsichtlich einer Grabpflege trifft.

Bei der Verpflichtung der Erben, die Grabpflege zu organisieren, handele es sich – so der BGH – um eine sogenannte Auflage. Ein Anspruch auf einen Pflichtteil sei aber vorrangig vor Vermächtnissen und Auflagen. Ein Erblasser könne den Pflichtteilsanspruch nicht dadurch aushöhlen, dass er Vermächtnisse und Auflagen anordnet.

Daher findet auch in solchen Fällen ein Abzug der Grabpflegekosten nicht statt.

Interessanterweise hat der BGH jedoch auf eine Möglichkeit hingewiesen, wie von einem Pflichtteil trotzdem die Grabpflegekosten abgezogen werden können: Wird vor dem Tod ein Vertrag über eine Dauergrabpflege abgeschlossen, dann handelt es sich um eine Nachlassverbindlichkeit, die die Erben erfüllen müssen. Nachlassverbindlichkeiten sind von einem Pflichtteilsanspruch abziehbar.

Quelle: BGH, Urteil vom 26.05.2021 – IV ZR 174/20

Anforderungen an ein notarielles Nachlassverzeichnis

Ein Pflichtteilsberechtigter, also ein naher Angehöriger, der nicht Erbe geworden ist, hat gegen den Erben einen Anspruch auf Auskunft über die Zusammensetzung des Nachlasses. Dies dient dazu, den Pflichtteilsanspruch zu berechnen.

Diese Auskunft kann erfüllt werden durch ein sogenannten qualifiziertes Nachlassverzeichnis, das der Erbe selber abgibt. Ein Pflichtteilsberechtiger kann aber auch verlangen, dass ein amtliches Verzeichnis, das durch einen Notar aufgenommen wird, erstellt wird.

Regelmässig kommt es hier zum Streit, welche eigenen Ermittlungstätigkeiten der Notar auszuführen hat oder aber ob er sich auf die Angaben des Erben verlassen darf. Mittlerweile ist gerichtlich geklärt, dass ein Notar regelmäßig auch zur selbständigen Ermittlung der aufzunehmenden Gegenstände und Forderungen verpflichtet ist. Ein Verzeichnis, das sich lediglich auf die Beurkundung von Angaben des Erben gegenüber dem Notar beschränkt, erfüllt die Anforderungen nicht.

Diese Rechtsprechung wurde auch jüngst vom OLG Celle bestätigt.

In diesem Fall hatte ein Notar lediglich die Erklärungen des Erben beurkundet. Nach Auffassung des Gerichtes wäre er aber verpflichtet gewesen, eigene Ermittlungen anzustellen. Das Gericht weist darauf hin, dass es sich bei einem notariellen Nachlassverzeichnis um einen Bericht über eigene Wahrnehmungen des Notars handelt.

Im Ergebnis kommt es auch auf den konkreten Einzelfall an, wieweit ein Notar sein Aufklärungspotenzial nutzen muss. Dies kann so weit gehen, dass er die Kontenunterlagen durchsehen und prüfen muss, ob sich dort Auffälligkeiten, die auf eine Schenkung hinweisen, finden lassen.

Quelle: OLG Celle, Beschluss vom 25.03.2021, 6 U 74/20

OLG Köln entscheidet zu Pflichtteilsstrafklausel

Das Oberlandesgericht Köln hat in einer Entscheidung vom 27.09.2018 zur Auslösung einer Pflichtteilsstrafklausel entschieden.

Zwei Eheleute hatten sich in einem Berliner Testament gegenseitig zu Erben eingesetzt. Schlusserben sollten die gemeinsamen Kinder werden. Ausdrücklich wurde aufgenommen, dass wenn ein Kind nach dem Tod des ersten Ehepartners den Pflichtteil verlangt, dieses auch nach dem Tod des zweiten Ehepartners nur den Pflichtteil erhalten soll, also dann nicht Erbe wird. Hier handelt es sich um eine sogenannte Pflichtteilsstrafklausel. Diese soll sicherstellen, dass sich die Kinder an den Wunsch der Eltern halten und sich geduldig zeigen.

Im Jahr 2000 verstarb die Ehefrau als erste. Kurz danach machte eine Tochter über einen Rechtsanwalt die Auskunftsansprüche geltend, die einem Pflichtteilsberechtigten zukommen. Ein Zahlungsanspruch war damit noch nicht verbunden.

Nach erhaltener Auskunft berechnete der Rechtsanwalt einen Pflichtteil in Höhe von 10.000 DM und wandte sich an den Überlebenden Ehemann: „Ausgehend von den von Ihnen mitgeteilten Wertangaben ergäbe sich ein Pflichtteilsanspruch von rund DM 10.000,00. Ich möchte Ihnen deshalb vorschlagen, dass Sie meiner Mandantin ohne dass nunmehr formal ein Pflichtteilsanspruch geltend gemacht wird, einen Betrag von DM 10.000,00 zahlen und dieser Betrag auf das Erbe meiner Mandantin angerechnet wird.

Der Ehemann zahlte den Betrag und gab in der Überweisung den Vermerk „Pflichtteil“ an.

Im Jahr 2014 testierte der Ehemann neu und setzte jetzt nicht mehr die Tochter als Erbin ein, die die Zahlung erhalten hatte mit der Begründung, damit wäre er nicht mehr an die Erbeinsetzung gebunden.

Nach seinem Tod im Jahr 2017 beantragte diese Tochter einen Erbschein, der sie als Miterbin auswies. Zur Begründung führte sie an, sie habe keinen Pflichtteilsanspruch geltend gemacht, dies habe ihr Rechtsanwalt ausdrücklich geschrieben.

Dieser Auffassung folgten weder das Nachlassgericht noch das OLG als Berufungsinstanz. Mit ihrem Begehren habe die Tochter bereits die Pflichtteilsstrafklausel ausgelöst. Sinn einer solchen Klausel sei es, dass dem überlebenden Ehepartner der Nachlass ungeschmälert bis zu dessen Tod verbleibe. Nach herrschender Meinung löse daher die Pflichtteilsstrafklausel bereits aus, wer bewusst und in Kenntnis seinen Pflichtteil geltend mache. Dies sei bereits mit dem Schreiben des Rechtsanwalts geschehen, obwohl rein formal ein Pflichtteil nicht geltend gemacht werden sollte. Aber aus den Umständen ergäbe sich, dass der jetzige Erblasser durch das Verhalten der Tochter bereits Belastungen ausgesetzt wurde, vor denen ihn die Strafklausel schützen sollte.

OLG Köln, 27.09.2018, 2 Wx 314/18