Erbrecht: Was ist ein Vermächtnis?

Oft findet man in Testamenten die Formulierung: „Ich vermache…“ Was ist hier gemeint?

Tatsächlich ist zu unterscheiden, ob jemand Erbe wird oder „nur“ Vermächtnisnehmer.

Rechtsanwalt Karsten Stickeler, Fachanwalt für Erbrecht, gibt in unserem Video einen kurzen Überblick über das Vermächtnis. Was ist es, wie mache ich es geltend und wann verjährt es?



Wie verwahre ich mein Testament?

In der erbrechtlichen Praxis tritt immer wieder der Fall auf, dass Testamente an den absonderlichste Orten gefunden werden: Zwischen Handtüchern im Wäscheschrank, in Büchern etc. Oder Freunde und Verwandte sind sich ganz sicher, dass der Verstorbene ein Testament gemacht hab, aber es ist und bleibt verschwunden.

Oft ist es Zufall, ob ein Testament gefunden wird oder nicht. Aber das kann ja nicht im Willen des Erblassers sein, denn der letzte Wille soll umgesetzt werden.

Rechtsanwalt Karsten Stickeler, Fachanwalt für Erbrecht, informiert in unserem Video über die seiner Auffassung nach einzig sinnvolle Möglichkeit, sein handgeschriebenes Testament zu verwahren: Die Hinterlegung beim zuständigen Nachlassgericht.

Wie mache ich eigentlich ein handschriftliches Testament?

Vielen Mandanten ist unklar, wie man eigentlich ein handschriftliches Testament machen kann. Aus Sorge, etwas falsch zu machen, machen viele lieber gar nichts. Das aber ist der falsche Weg.

Ein richtiges handschriftliches Testament zu machen ist zunächst einmal nicht schwer und nimmt auch nicht viel Zeit in Anspruch.

Rechtsanwalt Karsten Stickeler, Fachanwalt für Erbrecht, erklärt in unserem kurzen Video, was man hier zu beachten hat.

Häufige Fehler bei der Testamentserrichtung

In der Praxis eines auf Erbrecht spezialisierten Rechtsanwaltes tritt häufig der Fall auf, dass sich zwar jemand gute Gedanken über seinen Nachlass gemacht hat, aber es bei der Umsetzung zu Fehlern gekommen ist.

So können z.B. bestimmte Formvorschriften nicht beachtet worden sein, so dass das errichtete Testament zwar inhaltlich richtig, aber aufgrund des Formverstoßes unwirksam ist. Ebenfalls schwerwiegend sind inhaltliche Fehler. So kann z.B. der Wille der Erblasserin/des Erblassers unklar formuliert sein, so dass das Testament interpretiert werden muss mit einem Ergebnis, dass nicht gewollt war.

Oder Formulierungen im Testament führen dazu, dass Streit unter den Erben entsteht – etwas, was eigentlich durch das Testament hätte vermieden werden sollen.

OLG Köln: Gültigkeit eines mit der linken Hand geschriebenen Testamentes

In einer Entscheidung vom 03.08.2017 hatte die OLG Köln die Frage zu entscheiden, ob ein mit der linken Hand – vorliegend war der Erblasser Rechtshänder – geschriebenes Testament gültig ist.

Ein paar Monate vor seinem Tod hatte ein Erblasser ein Testament errichtet, welches er aufgrund einer Erkrankung mit der ungewohnten linken Hand geschrieben hatte. In diesem Testament setzte er einen Nachbarn zum Alleinerben ein. Die Geschwister wiederum reichten ein ebenfalls handschriftliches Testament ein, das noch später errichtet worden sein sollte. Beide Parteien beantragten die Erteilung eines Erbscheins zu ihren Gunsten.

Das erstinstanzliche Nachlassgericht hatte dem Nachbarn einen Erbschein erteilt. Diese Entscheidung wurde von dem OLG Köln bestätigt. Aufgrund einer Lähmung der rechten Hand musste der Erblasser das Testament mit der linken Hand schreiben, so dass ein Schriftsachverständiger nicht beurteilen konnte, ob dieses Schreiben tatsächlich vom Erblasser stammte. Hierzu wären Schriftvergleichsproben notwendig gewesen, die aber fehlten. Aber ein Zeuge konnte bestätigen, dass der Erblasser dieses Testament in seinem Beisein tatsächlich selber geschrieben hatte.

Unproblematisch erachtete das Gericht die Gültigkeit eines mit der schreibungewohnten Hand geschriebenen Testaments.

Das Testament, welches die Geschwister begünstigte, wurde hingegen nicht als wirksam angesehen. Dieses Testament war ohne Absender bei dem Nachlassgericht eingereicht worden und es konnte nicht geklärt werden, von wem. Es konnte aber bereits nicht mehr von dem Erblasser geschrieben worden sein, weil er zu dem angeblichen Datum der Errichtung nur noch sehr „krakelig“ schrieb.

Somit wurde dem Nachbarn der begehrte Erbschein erteilt.

OLG Köln, Beschluss vom 03.08.2017, 2 Wx 149/17

Quelle: Pressemitteilung OLG Köln

OLG Hamm: „Zettel-Testamente“ stellen nur Entwürfe dar

In einer Entscheidung musste sich das OLG Hamm mit der Frage beschäftigen, ob zwei auf einem ausgeschnittenen Stück Papier und auf einem gefalteten Pergamentpapier niedergelegte Schriften wirksame Testamente oder lediglich Entwürfe darstellen.

Gestützt auf zwei im Jahr 1986 angefertigte Schriftstücke wurde ein Erbscheinsantrag gestellt. Dieser wurde wurde vom zuständigen Nachlassgericht zurückgewiesen, was das OLG Hamm im Beschwerdeverfahren bestätigte.

Die Erblasserin hatte im Jahr 1986 zunächst auf einem ausgeschnittenen Stück Papier, ca. 8×10 cm groß, angeblich ihren letzten Willen dargelegt. Ebenfalls im Jahr 1986 wurde dies leicht abgewandelt auf einem Stück Pergamentpapier wiederholt.

Das Gericht hatte hier erhebliche Zweifel an dem Testierwillen der Erblasserin. Diese ergäben sich bereits daraus, dass ein Testament üblicherweise auf einer Schreibunterlage und nicht auf Zetteln errichtet werde. Auch fänden sich im Text erhebliche Schreib- und Grammatikfehler. Auch spräche gegen die Einordung als Testament der Umstand, dass beide Schriftstücke im Jahr 1986 mit fast identischem Inhalt aufgesetzt wurden. Schließlich seien die Schriftstücke in einer ungeordneten Schatulle voller wichtiger und unwichtiger Unterlagen gefunden worden.

Im Ergebnis kommt das Gericht daher zu der Einschätzung, dass es sich lediglich um Entwürfe und noch nicht um wirksam errichtete Testamente handelt.

OLG Hamm, 27.11.2015, 10 W 153/15

Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm

Unwirksamkeit eines unleserlich geschriebenen Testaments

Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht hat in einem Beschluss vom 16.07.2015 über die Anforderungen an die Lesbarkeit eines eigenhändig geschriebenen Testamentes entschieden.

In dem vorliegenden Fall hatte eine Pflegekraft einer verstorbenen älteren Dame ein Schriftstück vorgelegt, dass sie vermeintlich zur Erbin bestimmte. Lesbar waren jedoch lediglich der Anfang und das Ende des Schriftstücks. Hieraus ließ sich nur entnehmen, dass das Schriftstück mit den Worten „Ich, A. (Name der Erblasserin)…“ begann und mit den Worten „D. (Name der Pflegekraft), geb. …“ und der Unterschrift sowie dem Datum endete. Auch ein gerichtlich beauftragter Schriftsachverständiger konnte als weiteren Inhalt nur das Wort „vermache“ entziffern, der Rest blieb unleserlich.

Nach der Auffassung des Nachlassgerichts, welche das OLG als Berufungsinstanz bestätigte, genügte das Schriftstück nicht den Erfordernissen einer wirksamen letzwilligen eigenhändigen Verfügung. Diese muss entsprechend den gesetzlichen Vorschriften vollständig handschriftlich verfasst sein. Voraussetzung ist daneben, dass der erklärte Wille in vollem Umfang aus dem Geschriebenen hervorgehen muss. Zwingende Formvorschrift sei daher die Lesbarkeit der Verfügung. Zwar könne hier der Bezug auf die Erblasserin und die Pflegekraft hergestellt werden, der Rest bleibt jedoch unleserlich und somit unklar. Es könnte nicht erkannt werden, was der Pflegekraft vermacht werden sollte.

Damit konnte sich die Pflegekraft nicht auf ein wirksames Testament berufen und es wurde der Tochter der Erblasserin, die sich auf gesetzliche Erbfolge berief, der begehrte Erbschein erteilt.

Quelle: Pressemitteilung des Schleswig-Holsteinischen OLG

Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschluss vom 16.07.2015, 3 Wx 19/15

OLG Hamm: Unvollständiges gemeinschaftliches Testament muss kein Einzeltestament sein

Das Oberlandesgericht Hamm hat sich in einer Entscheidung mit der Frage beschäftigt, ob ein unvollständiges Ehegattentestament ein gültiges Einzeltestament sein muss.

In dem der Entscheidung zugrundeliegendem Sachverhalt hatte ein Ehemann ein gemeinschaftliches Testament auch für seine Ehefrau entworfen und unterzeichnet. Danach sollte nach dem Tod des einen Ehepartners der überlebende Partner Vorerbe und eines der vier Kinder nach dem Tod des zweiten Ehepartners Nacherbe sein. Die Ehefrau unterzeichnete den Entwurf nicht, so dass jedenfalls kein gültiges Ehegattentestament zustande gekommen war.

Nach dem Tod des Ehemannes beantragte die Ehefrau einen Erbschein aufgrund gesetzlicher Erbfolge. Diesen erteilte das erstinstanzliche Nachlassgericht jedoch nicht. Nach der Auffassung des Amtsgerichtes sei der Entwurf dahingehend auszulegen, dass es zwar kein gültiges gemeinschaftliches Testament sei, aber ein wirksames Einzeltestament des Ehemannes, so dass keine gesetzliche Erbfolge eintrete.

Dieser Auffassung folgte das Oberlandesgericht nicht und hob die Entscheidung des Amtsgerichtes auf. Nach der Ansicht des OLG handelt es sich bei dem unterzeichneten Entwurf nicht um ein wirksames Einzeltestament des Ehemannes. Zwar genüge es der gesetzlichen Form eines Einzeltestaments (handschriftlich und unterzeichnet vom Erblasser), aber es fehle der Wille des Ehemannes, ein Einzeltestament zu errichten. Es könne nicht angenommen werden, dass der Ehemann auch ohne Unterschrift der Ehefrau dann ein Einzeltestament errichten habe wollen. Das ergebe sich daraus, dass es Ziel des Ehemannes gewesen sei, das Familienhaus der Eheleute, welches beiden Ehepartner gehörte, auf jeden Fall im Besitz der Familie zu erhalten. Zu diesem Zweck sollte der gesamte Nachlass, also inklusive Haus, zuerst an den überlebenden Ehepartner und dann an ein einzelnes Kind übergehen. Die Auslegung des Entwurfes als Einzeltestament würde dem Wunsch des Erblassers jedoch nicht gerecht, da hier nur über die Hälfte des Hauses verfügt werden könnte, so dass der Wunsch eben nicht erreicht würde. Hierzu wäre erforderlich gewesen, dass auch die Ehefrau durch Unterzeichnung des Entwurfes die Absicht geteilt hätte, was jedoch unterblieben ist. Daher spreche dies gegen die Deutung des Entwurfes als Einzeltestament.

Im Ergebnis hat das OLG die Zurückweisung des Erbscheinsantrages aufgehoben mit dem Ergebnis, dass gesetzliche Erbfolge eingetreten ist, wonach der Ehemann von seiner Ehefrau und den vier Kindern beerbt wird.

Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm

OLG Hamm, 21.02.2014, 15 W 26/14