OLG Hamm: „Zettel-Testamente“ stellen nur Entwürfe dar

In einer Entscheidung musste sich das OLG Hamm mit der Frage beschäftigen, ob zwei auf einem ausgeschnittenen Stück Papier und auf einem gefalteten Pergamentpapier niedergelegte Schriften wirksame Testamente oder lediglich Entwürfe darstellen.

Gestützt auf zwei im Jahr 1986 angefertigte Schriftstücke wurde ein Erbscheinsantrag gestellt. Dieser wurde wurde vom zuständigen Nachlassgericht zurückgewiesen, was das OLG Hamm im Beschwerdeverfahren bestätigte.

Die Erblasserin hatte im Jahr 1986 zunächst auf einem ausgeschnittenen Stück Papier, ca. 8×10 cm groß, angeblich ihren letzten Willen dargelegt. Ebenfalls im Jahr 1986 wurde dies leicht abgewandelt auf einem Stück Pergamentpapier wiederholt.

Das Gericht hatte hier erhebliche Zweifel an dem Testierwillen der Erblasserin. Diese ergäben sich bereits daraus, dass ein Testament üblicherweise auf einer Schreibunterlage und nicht auf Zetteln errichtet werde. Auch fänden sich im Text erhebliche Schreib- und Grammatikfehler. Auch spräche gegen die Einordung als Testament der Umstand, dass beide Schriftstücke im Jahr 1986 mit fast identischem Inhalt aufgesetzt wurden. Schließlich seien die Schriftstücke in einer ungeordneten Schatulle voller wichtiger und unwichtiger Unterlagen gefunden worden.

Im Ergebnis kommt das Gericht daher zu der Einschätzung, dass es sich lediglich um Entwürfe und noch nicht um wirksam errichtete Testamente handelt.

OLG Hamm, 27.11.2015, 10 W 153/15

Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm

Unwirksamkeit eines unleserlich geschriebenen Testaments

Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht hat in einem Beschluss vom 16.07.2015 über die Anforderungen an die Lesbarkeit eines eigenhändig geschriebenen Testamentes entschieden.

In dem vorliegenden Fall hatte eine Pflegekraft einer verstorbenen älteren Dame ein Schriftstück vorgelegt, dass sie vermeintlich zur Erbin bestimmte. Lesbar waren jedoch lediglich der Anfang und das Ende des Schriftstücks. Hieraus ließ sich nur entnehmen, dass das Schriftstück mit den Worten „Ich, A. (Name der Erblasserin)…“ begann und mit den Worten „D. (Name der Pflegekraft), geb. …“ und der Unterschrift sowie dem Datum endete. Auch ein gerichtlich beauftragter Schriftsachverständiger konnte als weiteren Inhalt nur das Wort „vermache“ entziffern, der Rest blieb unleserlich.

Nach der Auffassung des Nachlassgerichts, welche das OLG als Berufungsinstanz bestätigte, genügte das Schriftstück nicht den Erfordernissen einer wirksamen letzwilligen eigenhändigen Verfügung. Diese muss entsprechend den gesetzlichen Vorschriften vollständig handschriftlich verfasst sein. Voraussetzung ist daneben, dass der erklärte Wille in vollem Umfang aus dem Geschriebenen hervorgehen muss. Zwingende Formvorschrift sei daher die Lesbarkeit der Verfügung. Zwar könne hier der Bezug auf die Erblasserin und die Pflegekraft hergestellt werden, der Rest bleibt jedoch unleserlich und somit unklar. Es könnte nicht erkannt werden, was der Pflegekraft vermacht werden sollte.

Damit konnte sich die Pflegekraft nicht auf ein wirksames Testament berufen und es wurde der Tochter der Erblasserin, die sich auf gesetzliche Erbfolge berief, der begehrte Erbschein erteilt.

Quelle: Pressemitteilung des Schleswig-Holsteinischen OLG

Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschluss vom 16.07.2015, 3 Wx 19/15

BGH: Anfechtung der Anfechtung einer Erbschaftsannahme ist nach 10 Jahren verfristet

Der Bundesgerichtshof hat sich in einem Beschluss vom 10.06.2015 mit der Frage beschäftigt, innerhalb welcher Frist es möglich ist, die Anfechtung einer Erbschaftsannahme wiederum anzufechten.

Eine Erblasserin war im Juni 1996 verstorben. Eine Tochter der Erblasserin hatte im November 1996 die Annahme der Erbschaft angefochten mit der Begründung, ihr wäre nicht bekannt gewesen, dass der Nachlass überschuldet sei. Gemäß den gesetzlichen Regelungen in § 1944 BGB kann ein Erbe die Erbschaft innerhalb von sechs Wochen nach dem Zeitpunkt ausschlagen, in welchem er von dem Anfall und dem Grund der Berufung als Erbe Kenntnis erlangt. Diesen Zeitpunkt hatte die Tochter verstreichen lassen, doch dann im November gemäß § 1954 BGB die Annahme der Erbschaft angefochten. Hierzu muss ein Irrtumsgrund vorliegen der verhindert, dass jemand innerhalb der Ausschlagungsfrist reagiert. Hier hatte sich die Tochter zutreffend darauf berufen, dass ihr erst später bekannt geworden war, dass der Nachlass überschuldet war. Im Ergebnis war diese Anfechtung wirksam und die Tochter somit nicht Erbin geworden.

Später wurde bekannt, dass der Nachlass nicht überschuldet war, da die Erblasserin selber Mitglied einer anderen – werthaltigen – Erbengemeinschaft war.

Die Tochter vertrat darauf hin die Auffassung, sie könne die Anfechtung der Erbschaftsannahme wiederum anfechten mit dem Ergebnis, dann doch Erbin zu sein. Dieser Auffassung hat nun der BGH widersprochen.

Nach Ansicht des BGH gelte für eine Anfechtung der Anfechtung die gesetzliche Frist aus § 121 BGB, nach welcher eine Anfechtung unverzüglich, also ohne schuldhaftes zögern, erfolgen müsse. Zudem betrage die Anfechtungsfrist 10 Jahre. Hinsichtlich einer Anfechtung der Anfechtung kommen nicht die spezialgesetzlichen Regelungen des Erbrechts zur Anwendung, da diese auf diesen Fall nicht anwendbar seien, sondern die generellen Normen einer Anfechtung. Zwar sei anerkannt, dass auch die Anfechtung einer Erbschaftsannahme angefochten werden könne, aber dies müsse innerhalb einer Frist von 10 Jahren erfolgen. Auch habe die Tochter nicht unverzüglich nach Kenntnis die Anfechtung erklärt, sondern erst einige Wochen abgewartet.

Im Ergebnis konnte die Tochter also die ursprüngliche Anfechtnung nicht beseitigen und ist somit nicht Erbin geworden.

BGH, Beschluss vom 10.06.2015, IV ZB 39/14

OLG Hamm: „Ein für alle Male abgefunden“ kann Erbverzicht ausdrücken

Das Oberlandesgericht Hamm hat in einer Entscheidung am 22.07.2014 entschieden, dass die Formulierung „ein für alle Male abgefunden“ in einem notariellen Erbauseinandersetzungsvertrag dahingehend ausgelegt werden kann, dass damit auch auf ein zukünftiges Erbe verzichtet wird.

In dem der Entscheidung zugrundeliegendem Sachverhalt hatte ein Ehepaar zwei Kinder. Nach dem Tod des Vaters wurde dieser von seiner Ehefrau und den beiden Kindern beerbt. Die Tochter veräußerte ihrem Bruder den Erbteil nach dem Vater im Rahmen einers auch mit der Mutter geschlossenen notariellen Erbauseinandersetzungsvertrags. Es wurde die Klausel aufgenommen, wonach gegen die Zahlung eines vereinbarten Betrages die Tochter “vom elterlichen Vermögen unter Lebenden und von Todes wegen ein für alle Male abgefunden“ sei.

Nach dem Tod der Mutter beantragte der Sohn einen Alleinerbschein in der Auffassung, seiner Schwester stehe aufgrund der vorgenannten Klausel nach dem Tod der Mutter kein Erbteil zu. Die Schwester hingegen war der Meinung, sie habe lediglich auf den Erbteil nach dem Vater verzichtet, nach der Mutter sei sie gesetzliche Miterbin geworden.

Das erstinstanzliche Nachlassgericht hat sich dieser Auffassung angeschlossen. Diese Entscheidung hob das OLG auf.

Zur Überzeigung des OLG hat die Tochter in dem Erbauseinandersetzungsvertrag auch auf Erbansprüche nach der Mutter verzichtet. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut der Erklärung und es sei nicht nötig, dass explizit die Formulierung „Erbverzicht“ aufgenommen werde. Ausreichend ist, dass der Verzichtswille hinreichend deutlich aus der Erklärung hevorgeht. Insbesondere aus der Formulierung „elterliches Vermögen“ lasse sich nicht entnehmen, dass hiermit nur das väterliche Vermögen gemeint sein solle. Auch aus der weiteren Formulierung sei auch für einen juristischen Laien ersichtlich, dass diese Formulierung weitreichende Folgen auch für den Erbfall nach der Mutter haben werde.

Darüber hinaus enthalte der weitere Vertragstext Regelungen das Erbrecht des Sohnes nach der Mutter, woraus sich ergebe, dass er auch das Erbrecht der Tochte habe regeln sollen. Zudem sei den Vertragsparteien klar gewesen, dass die Zahlungen an die Tochter aufgrund der damaligen wirtschaftlichen Situation des Sohnes aus dem elterlichen Vermögen geleistet würden, so dass sie erheblich besser gestellt wurde, als ihr eigentlich aus dem 1/4 Erbanteil nach dem Vater zugestanden hätte.

Somit ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte für ein bestehendes Erbrecht der Tochter nach der Mutter.

Quelle: Pressemitteilung OLG Hamm

OLG Hamm, Beschluss vom 22.07.2014, 15 W 92/14