Kein Entzug des Sorgerechts des alleinerbenden Elternteils wegen Pflichtteilsansprüchen der Kinder

In einem aktuellen Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Köln vom 17. April 2024 (Az.: 10 WF 16/24) wurde entschieden, dass das Sorgerecht des überlebenden Elternteils nicht automatisch entzogen wird, wenn es um die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen der Kinder gegen diesen Elternteil als Alleinerben geht. Diese Entscheidung hat wichtige Auswirkungen auf das Erbrecht und die Frage der elterlichen Sorge nach dem Tod eines Elternteils.

Hintergrund des Falls

Ein Vater verstarb und hinterließ seine Ehefrau als Alleinerbin. Die gemeinsamen minderjährigen Kinder wurden durch diese Entscheidung faktisch enterbt, da ihnen nach deutschem Erbrecht jedoch Pflichtteilsansprüche zustehen. Diese Ansprüche müssen in der Regel von einem gesetzlichen Vertreter geltend gemacht werden – in diesem Fall der überlebende Elternteil, also die Mutter.

Das Familiengericht ordnete eine Pflegschaft zur Vertretung der Kinder an, da es zu einer Interessenkollision kommen könnte, wenn die Mutter sowohl als Erbin als auch als Vertreterin der Kinder bei der Durchsetzung ihrer Pflichtteilsansprüche agieren würde. Der Nachlass bestand aus einem Konto und einer Doppelhaushälfte, was eine Prüfung und Sicherstellung des Pflichtteils notwendig machte.

Entscheidung des Oberlandesgerichts

Das OLG Köln entschied jedoch, dass die Einsetzung eines Ergänzungspflegers zur Sicherung der Pflichtteilsansprüche der Kinder nicht erforderlich sei. Das Gericht stellte klar, dass der überlebende Elternteil nicht automatisch von der Vertretung der Kinder ausgeschlossen ist. Vielmehr habe der überlebende Elternteil das Recht, selbst zu entscheiden, ob die Pflichtteilsansprüche der Kinder geltend gemacht werden sollen.

Das Familiengericht könne dem Elternteil die Vertretungsmacht nur entziehen, wenn konkrete Anhaltspunkte für einen erheblichen Interessenkonflikt vorliegen. In diesem Fall sei es jedoch entscheidend, die mögliche Gefährdung des Pflichtteils gegen die Wahrung des Familienfriedens abzuwägen. Da die Mutter mit dem Gericht kooperierte und den Nachlass ordnungsgemäß mitgeteilt hatte, sah das Gericht keine Notwendigkeit, eine Pflegschaft anzuordnen.

Darüber hinaus wurde hervorgehoben, dass die Verjährung etwaiger Pflichtteilsansprüche bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres der Kinder gehemmt ist, sodass auch insoweit keine besondere Sicherung erforderlich sei.

Fazit

Das Urteil des OLG Köln stärkt die Position des überlebenden Elternteils und betont, dass das Sorgerecht nicht leichtfertig entzogen werden darf. Solange keine konkreten Interessengegensätze erkennbar sind und der Familienfrieden gewahrt wird, bleibt es dem erbenden Elternteil überlassen, wie er mit den Pflichtteilsansprüchen der Kinder verfährt. Diese Entscheidung trägt zur Rechtssicherheit in Erbfällen bei und stellt sicher, dass die Interessen sowohl der Kinder als auch des überlebenden Elternteils berücksichtigt werden.

OLG Köln, 17. April 2024, Az.: 10 WF 16/24

Kann eine Person mit Demenz ein gültiges Testament erstellen?

Demenz ist eine Erkrankung, die oft mit dem Verlust der kognitiven Fähigkeiten und dem schrittweisen Abbau des Gedächtnisses in Verbindung gebracht wird. Viele Menschen fragen sich daher, ob eine Person mit Demenz überhaupt noch in der Lage ist, ein gültiges Testament zu verfassen. Die Antwort auf diese Frage ist nicht immer eindeutig und hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie ein aktueller Fall des Landgerichts (LG) Frankenthal zeigt.

Testierfähigkeit trotz Demenz möglich

Das LG Frankenthal hat entschieden, dass auch eine an Demenz erkrankte Person noch in der Lage sein kann, ein wirksames Testament zu errichten, solange die Krankheit noch in einem leichtgradigen Stadium ist. Entscheidend dabei ist, ob die betroffene Person trotz ihrer Erkrankung die Tragweite ihrer Anordnungen noch klar beurteilen kann und in der Lage ist, frei von Einflüssen Dritter zu entscheiden. Das Gericht unterscheidet dabei zwischen leichtgradiger, mittelschwerer und schwerer Demenz.

Der Fall: Testament einer 90-jährigen Frau

Im konkreten Fall ging es um eine 90-jährige Frau, die kurz vor ihrem Tod ein Testament errichtet hatte. Darin vermachte sie dem Sohn einer Freundin ein wertvolles Anwesen. Der Notar, der das Testament beurkundete, hielt die Frau für unbeschränkt geschäfts- und testierfähig. Der Testamentsvollstrecker war jedoch anderer Meinung und beantragte Eilrechtsschutz. Er legte Arztbriefe vor, die eine “beginnende demenzielle Entwicklung” und eine “bekannte Demenz” der Erblasserin dokumentierten.

Gerichtliche Entscheidung: Beweispflicht beim Testamentsvollstrecker

Das LG Frankenthal lehnte den Antrag auf Eilrechtsschutz ab. Nach Ansicht des Gerichts lag die Beweislast beim Testamentsvollstrecker, der die Testierunfähigkeit der verstorbenen Frau beweisen müsse. Die vorgelegten Unterlagen reichten hierfür nicht aus, da es an einer genauen Einstufung des Grades der Demenz fehlte. Ohne diese Einstufung könne keine verlässliche Aussage zur Testierfähigkeit getroffen werden.

Fazit

Dieses Urteil zeigt, dass eine Demenzerkrankung nicht automatisch die Testierunfähigkeit einer Person bedeutet. Solange die Krankheit sich noch in einem leichten Stadium befindet und die betroffene Person in der Lage ist, die Konsequenzen ihrer Entscheidungen zu verstehen, kann sie weiterhin ein gültiges Testament errichten. Es liegt an denjenigen, die die Gültigkeit des Testaments infrage stellen, entsprechende Beweise vorzulegen. Dieser Fall unterstreicht die Wichtigkeit, im Vorfeld sorgfältig zu prüfen und gegebenenfalls ärztlichen Rat einzuholen, wenn es um die Errichtung eines Testaments geht.

Für weitere rechtliche Fragen rund um das Thema Testament und Demenz empfiehlt es sich, eine professionelle Beratung in Anspruch zu nehmen. So können Missverständnisse und potenzielle Konflikte vermieden werden.

Quelle: Bericht beck-online

Pfeil auf Adressaufkleber kein Testament

Die Form eines Testaments ist von entscheidender Bedeutung, wenn es darum geht, den letzten Willen einer Person rechtlich wirksam festzuhalten. Ein aktueller Fall vor dem Oberlandesgericht (OLG) München zeigt, wie schnell ein Testament unwirksam werden kann, wenn die gesetzlichen Anforderungen nicht eingehalten werden.

Ein Mann beantragte einen Erbschein und reichte dazu einen ungewöhnlichen Beweis ein: einen Fensterbriefumschlag, auf dem eine handschriftliche, aber kryptische Erklärung zu finden war. Neben einem eingekreisten „kl. Test“ (vermutlich eine Abkürzung für „kleines Testament“) standen diverse Anweisungen, unter anderem „Internet alles löschen“ und „Rest dir.“, ergänzt durch einen gezeichneten Pfeil zu einem maschinengeschriebenen Adressaufkleber.

Das Nachlassgericht wies den Antrag auf einen Erbschein ab, und auch die Berufung zum OLG München hatte keinen Erfolg. Die Richterinnen und Richter machten deutlich, dass ein eigenhändiges Testament keine Symbole oder maschinenschriftlichen Elemente enthalten darf. Solche Formverstöße machen es unmöglich, die Echtheit und den Testierwillen des Erblassers eindeutig festzustellen. Zudem wurde kritisiert, dass die Unterschrift an der falschen Stelle platziert war, wodurch die notwendige Abschlussfunktion eines Testaments nicht erfüllt wurde.

Dieser Fall unterstreicht die Bedeutung der korrekten Form eines Testaments. Wer seinen letzten Willen wirksam und rechtssicher hinterlassen möchte, sollte unbedingt darauf achten, dass alle formalen Anforderungen erfüllt sind. Ansonsten riskiert man, dass das Testament als ungültig angesehen wird – mit möglicherweise weitreichenden Konsequenzen für die Erben.

OLG München, Beschluss vom 23.07.2024 – 33 Wx 329/23

Quelle: Mitteilung beck-online

Notar muss bei Aufnahme eines Nachlassverzeichnis nicht unbegrenzt nach Konten suchen

Mit Beschluss vom 07.03.2024, Az. I ZB 40/23, hat der BGH die Pflichten des Notars bei der Aufnahme von Nachlassverzeichnissen konkretisiert.

Immer wieder streiten Pflichteilsberechtigte mit Erben darüber, ob der von dem Erben beauftragte Notar seine Aufgabe erfüllt hat und alle erforderlichen Ermittlungen tätigte. So war es auch in dem vom BGH entschiedenen Fall. Zwei Schwestern als Pflichteilsberechtigte am Nachlass Ihrer Großmutter waren der Ansicht, dass der von der Erbin beauftragte Notar noch nach weiteren Konnten der Erblasserin hätte suchen müssen. Auch eine Anfrage beim Bundeszentralamt für Finanzen nach Konten der Erblasserin hielten sie für erforderlich.

Pflichteilsberechtige die meist nur Vermutungen über den Nachlassbestand aufstellen können, versprechen sich von einem notariellen Nachlassverzeichnis eine umfassende Klärung. Der Notar muss allerdings, wie der BGH nun feststellte, nicht grenzenlos ermitteln. Er entscheidet nach eigenem pflichtgemäßem Ermessen, welche Ermittlungen er vornimmt und welcher Erkenntnisquellen er sich bedient. Eine Kontenabfrage gemäß § 802l Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO beim Bundeszentralamt für Finanzen, wie sie Gerichtsvollzieher vornehmen können, steht ihm dabei nicht zu. 

Die Anforderungen an den Umfang der Ermittlungen richten sich nach den konkreten Gegebenheiten des Einzelfalls und orientieren sich daran, welche Nachforschungen ein objektiver Dritter in der Lage des Gläubigers für erforderlich halten würde. Der Notar ist dagegen nicht verpflichtet, ohne konkrete Anhaltspunkte in alle denkbaren Richtungen zu ermitteln, um weiteres Nachlassvermögen aufzuspüren.

In dem vom BGH entschieden Fall hatten die beiden Klägerinnen keine konkreten Anhaltspunkte vorgetragen, dass es weitere Konten gibt. Der Notar hatte seiner Pflicht in diesem Fall genüge getan, in dem er die bekannten Banken der Eblasserin kontaktierte. 

Die Entscheidung des BGH beleuchtet nocheinmal, dass es keine schematischen Lösungen zum Umfang der Ermittlungspflicht des Notars gibt und den Notar in anderen Kostelationen auch weitere Ermittlungspflichten treffen könnten. Insoweit angesprochen, aber nicht mehr entschieden hat der BGH zu dem die Frage, ob Erben einen Anspruch auf eine Auskunft zu allen inländischen Konten aus § 15 DSGVO herleiten können. Bejaht man dies, wäre je nach vorhandenen Anhaltspunkten auch eine solche Ermittlung erforderlich.

Mittelabfluss erforderlich für Pflichtteilsstrafklausel

In einem Beschluss vom 21.02.2023 hat das Oberlandesgerichts Frankfurt am Main entschieden, dass ein tatsächlicher Mittelabfluss erforderlich ist, wenn ein einem gemeinschaftlichen Testament eine sogenannte Pflichtteilsstrafklauel enthalten ist, die nicht nur an das Verlangen des Pflichtteils geknüpft ist, sondern auch an den Erhalt.

Die Pflichtteilsstrafklausel dient dazu, dem überlebenden Ehegatten den Nachlass ungeschmälert zu erhalten ohne Pflichtteile an Kinder auszahlen zu müssen.

In dem vorliegenden Fall hatten Eheleute sich gegenseitig zu Erben eingesetzt und Schlusserben sollten die Kinder werden. Explizit wurde aufgenommen: „Wir gehen davon aus, dass unsere Kinder keinen Anspruch auf einen Pflichtteil nach dem Tod des erstverstorbenen Elternteils erheben. Nach dem Tod des überlebenden Partners wird das Vermögen unter den Kindern (…Namen der drei Töchter) zu gleichen Teilen aufgeteilt. Ausgenommen ist dabei das Kind, das einen Pflichtteil beansprucht und erhalten hat.“

Nach dem Tod des längerlebenden Ehegatten bestand Streit, ob eine Tochter noch Miterbin werde, da sie ihren Pflichtteil nach dem Erstversterbenden geltend gemacht habe. Nach Auffassung des OLG könne dies offen bleiben, da sie jedenfalls keinerlei Zahlungen diesbezüglich erhielt.

Maßgeblich sei ein tatsächlicher Mittelabfluss, der hier nicht vorliege. Der Nachlass des Erstversterbenden sei nicht geschmäler worden, so dass die Klausel hier nicht greife.

Mithin ist bei der Aufnahme von Pflichtteilsstrafklauseln genau zu erwägen, wie diese ausgestaltet und formuliert ist. In vielen Fällen soll der Ehegatte nicht nur vor einem Mittelabfluss geschützt werden, sondern auch vor dem Stress, der mit einer bloßen Geltendmachung von Pflichtteilen verbunden ist.

Ein Pflichtteilsberechtigter hat nicht nur einen Zahlungsanspruch (der gesondert und explizit geltend gemacht werden muss), sondern unabhängig davon auch einen Anspruch auf Auskunft und Wertermittlung. Alleine diese Ansprüche kosten den Erben regelmäßig viel Zeit und Nerven.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 21.2.2023, 21 W 104/22

Quelle: Pressemitteilung OLG Frankfurt/Main vom 06.03.2023

Testamentarisch bestellte Erbe trägt Risiko der Unwirksamkeit

Wer durch ein Testament zum Erben eingesetzt wurde trägt das Risiko, dass dieses Testament unwirksam ist. Das hat das OLG Celle in einem Beschluss vom entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Sachverhalt hatte eine sehr vermögende Erblasserin durch Testament ihren Steuerberater zum Erben eingesetzt. Hiergegen wehrten sich die gesetzlichen Erben. Durch Gutachten wurde schließlich festgestellt, dass die Erblasserin aufgrund einer wahnhaften Störung nicht mehr in der Lage war, wirksam ein Testament zu errichten.

Der testamentarisch bestimmt Erbe kann sich, so das OLG Celle, auch nicht darauf berufen, dass ihm die Testierunfähigkeit nicht bekannt sei. Es so unerheblich, ob er die Testierunfähigkeit kannte oder auch nur hätte erkennen müssen oder können. Der testamentarische Erbe trägt das Risiko, dass ein Testament unwirksam ist. Das kann auch noch Jahre nach dem Erbfall sein mit der Folge, dass er den Nachlass an die dann zum Zuge kommenden gesetzlichen Erben herausgeben muss.

Quelle: OLG Celle, Beschluss 6 U 2/22

Neue Partnerschaft führt nicht immer zum Verlust des Erbrechts

Wenn ein Erblasser bei Abfassung seines Testamentes davon ausgeht, dass eine Lebenspartnerschaft bis zu seinem Tod besteht, führt die Beendigung der Lebensgemeinschaft grundsätzlich zu einer Unwirksamkeit des Testamentes. Das bedeutet, ein Partner, der sich in eine neue Partnerschaft begibt, wird nicht mehr Erbe.

Das ist aber nicht immer der Fall, wie das Oberlandesgericht Oldenburg in einem Beschluss vom 26.09.2022 entschieden hat. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Ein Erblasser hatte im Jahr 2005 seine Tochter und seinen Lebensgefährten zu Erben eingesetzt. 2016 musste er wegen fortschreitender Demenz in ein Pflegeheim – und war deswegen nicht mehr in der Lage, ein neues Testament aufzusetzen – wo er 2020 verstarb. Ein halbes Jahr vorher hatte sein Lebenspartner einen anderen Mann geheiratet.

Die Tochter des Erblassers berief sich jetzt auf die Unwirksamkeit des Testamentes, denn hätte der Erblasser die neue Ehe seines Partners gewusst, hätte er diesen nicht zum Erben eingesetzt. Weder das Amtgericht noch das OLG folgten der Argumentation.

Zwar sei der Erblasser bei Abfassung seines Testamentes von einer Fortdauer der Lebensgemeinschaft ausgegangen und eine Änderung führe grundsätzlich zu einer Anfechtbarkeit des Testamentes, aber es gelte eine Ausnahme: Wenn davon ausgegangen werden könne, dass der Erblasser das Testament trotz geänderter Umstände gelten lassen wolle, sei dieses wirksam.

Vorliegend sei die Situation so gewesen, dass die Demenz die Fortführung der Lebensgemeinschaft unmöglich gemacht habe. Das sei etwas anderes, als wenn sich Partner auseinandergelebt oder sich einer der Partner einem neuen Parter zugewandt hätte. Der ehemalige Lebensgefährte habe den Erblasser regelmässig besucht und seine fortdauernde Verbundenheit zum Ausdruck gebracht. Daher ging das OLG davon aus, dass der Erblasser trotz faktischer Trennung eine Geltung des Testamentes gewollt hätte.

Quelle: OLG Oldenburg, Beschluss vom 26.09.2022 – 3 W 55/22

BGH: Aus Testament muss sich Identität des Erben ergeben

Der Bundesgerichtshof hat in einer Entscheidung vom 10.11.2021 Stellung zum sogenannten „testamentum mysticum“ genommen.

Eheleute hatten sich gegenseitig zu Erben eingesetzt und auch angesprochen, wer nach ihrer beider Tod Erbe werden solle. Ein Teil des Nachlasses sollte an 5 befreundete Familien gehen, die sich aus einer Anlage zum Testament ergäben. Diese Anlage war – anders als das handschriftliche Testament – mit einem PC geschrieben und ausgedruckt und dann von den Eheleuten unterschrieben worden. Nach dem Erbfall entstand Streit, wer Erbe geworden sei.

Das erstinstanzliche Nachlassgericht hatte kein Problem mit der Erbenfeststellung, aber das OLG und dann auch der BGH sahen es als unwirksam an, wenn für einen Dritten nicht eindeutig ohne Rückgriff auf die (als Testament unwirksame) Anlage die Erben festzustellen seien.

Obwohl – was alle Instanzen bestätigten – die Erblasser tatsächlich diese fünf Familien begünstigen wollten, war es im Ergebnis unwirksam. Ein privates – also nicht vor einem Notar – errichtetes Testament muss vollständig handschriftlich verfasst sein, was hier für die Anlage nicht zutraf. Zudem muss sich aus dem Testament eindeutig alleine der Erblasserwille ergeben oder zumindest so eindeutig angedeutet sein, dass es weiterer Rückgriffe auf andere Quellen nicht bedarf. Insbesondere formnichtige Anlagen sind nicht zu berücksichtigen.

Somit war der erklärte Wille der Eheleute, der allen Beteiligten auch offenkundig war, nicht umzusetzen.

Diese Entscheidung zeigt, wie wichtig es ist, sich vor Errichtung eines Testamentes nicht nur Gedanken zu machen, sondern sich auch beraten zu lassen, damit nichts schief gehen kann.

BGH, Beschluss vom 10.11.2021, IV ZB 30/20

Quelle: Mitteilung Beck-Online

BGH: Grabpflegekosten beim Pflichtteil nicht abziehbar

Ist jemand enterbt worden, kann er bei naher Verwandtschaft seinen Pflichtteil in Anspruch nehmen. Bei der Berechnung dieses Pflichtteils können bestimmte Positionen abgezogen werden. Hierzu gehören zum Beispiel die Beisetzungskosten. Es konnte hier zu einem Streit kommen, ob zu diesen Kosten auch die Kosten der Grabpflege gehören. Hierrunter sind die Aufwendungen zu verstehen, die nach der ersten Herrichtung eines Grabes entstehen, also Pflege, Blumen etc.

Der BGH hat in seinem Urteil vom 26.05.2021 entschieden, dass Grabpflegekosten nicht abzugsfähig sind. Dies gilt auch dann, wenn ein Erblasser in seinem Testament ausdrücklich die Erben verpflichtet hat, eine Grabpflege zu gewährleisten.

Der BGH vertritt die Auffassung, dass Kosten der Instandhaltung und Pflege der Grabstätte und des Grabmals nicht mehr zu den Kosten der Beerdigungzählen, sondern allenfalls einer sittlichen Verpflichtung des Erben entspringen. Dies entspricht der bisher geltenden Rechtssprechung.

Unklar war bisher aber, ob das auch dann gilt, wenn ein Erblasser ausdrücklich in seinem Testament eine Anordnung hinsichtlich einer Grabpflege trifft.

Bei der Verpflichtung der Erben, die Grabpflege zu organisieren, handele es sich – so der BGH – um eine sogenannte Auflage. Ein Anspruch auf einen Pflichtteil sei aber vorrangig vor Vermächtnissen und Auflagen. Ein Erblasser könne den Pflichtteilsanspruch nicht dadurch aushöhlen, dass er Vermächtnisse und Auflagen anordnet.

Daher findet auch in solchen Fällen ein Abzug der Grabpflegekosten nicht statt.

Interessanterweise hat der BGH jedoch auf eine Möglichkeit hingewiesen, wie von einem Pflichtteil trotzdem die Grabpflegekosten abgezogen werden können: Wird vor dem Tod ein Vertrag über eine Dauergrabpflege abgeschlossen, dann handelt es sich um eine Nachlassverbindlichkeit, die die Erben erfüllen müssen. Nachlassverbindlichkeiten sind von einem Pflichtteilsanspruch abziehbar.

Quelle: BGH, Urteil vom 26.05.2021 – IV ZR 174/20

OLG Köln: Vernichtung nur eines Original-Testaments reicht aus

Das Oberlandesgericht Köln hat entschieden, dass es bei der Existenz mehrer gleichlautender Original-Testamente ausreichen kann, wenn ein Erblasser nur ein Testament vernichtet.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Eine Erblasserin hatte zunächst ihren Urenkel zu ihrem Alleinerben eingesetzt. Später testierte sie neu und setzte nun ihre Haushälterin zur Erbin ein. Hierzu verfasste sie zwei gleichlautende Testamente. Später zerstritt sie sich mit ihrer Haushälterin und vernichtete eines dieser Testamente im Beisein ihres Rechtsanwaltes.

Nach ihrem Tod stellte ihr Urenkel einen Erbscheinsantrag, der ihn als Alleinerben aufführte. Er trug vor, dass die Erblasserin das Testament zu Gunsten ihrer Haushälterin widerrufen habe, so dass wieder das Testament zu seinen Gunsten gelte. Hiergegen vertrat die Haushälterin die Auffassung, dass sie Alleinerbin geworden sei und legte das zweite Testament zu ihren Gunsten vor.

Das Nachlassgericht vertrat die Auffassung, dass der Urenkel Erbe sei und die dagegen gerichtete Beschwerde wurde von dem OLG Köln zurückgewiesen.

Nach Auffassung des OLG Köln könne, wenn mehrere Testamente existieren, es ausreichen, wenn eines dieser Testamente vernichtet werde und keine Zweifel am Aufhebungswillen des Testierenden existieren. Der Rechtsanwalt der Erblasserin war als Zeuge gehört worden und konnte bestätigen, dass die Erblasserin das Testament vernichtet hatte und dabei deutlich machte, nicht an der Erbeinsetzung der Haushälterin festhalten zu wollen. Darüber hinaus stand fest, dass die Erblasserin keinen Kontakt mehr zu der Haushälterin mehr pflegte und auch im Streit zu dieser stand. Angesichts des Alters der Erblasserin von über 90 Jahren ging das Gericht auch davon aus, dass sie das zweite Testament schlicht vergessen hatte.

Daher sei, so das OLG, trotz Existenz eines weiteren Originals davon auszugehen, dass die Erblasserin das Testament zugunsten der Haushälterin widerrufen habe.

OLG Köln, Beschluss vom 22.04.2020, 2 Wx 84/20

Quelle: Pressemitteilung OLG Köln