Irrtum bei lenkender Erbausschlagung

Schlägt jemand in der Meinung, dadurch werde seine Mutter Alleinerbin, eine Erbschaft aus, kann er diese Entscheidung nicht anfechten, wenn tatsächlich eine andere Person dadurch Erbe wird. Das hat der Bundesgerichtshof am im März 2023 entschieden.

Im vorliegenden Fall hatten nach dem Tod des Familienvaters alle seine Kinder die gesetzliche Erbfolge ausgeschlagen, damit die Mutter Alleinerbin wird. Dabei hatten sie jedoch übersehen, dass der Vater noch Geschwister hatte, die im Fall der gesetzlichen Erbfolge dann neben der Ehefrau Miterben würden.

Ein Sohn hatte sodann versucht, seine Ausschlagungserklärung wegen Irrtums anzufechten und einen Erbschein zu erlangen, der ihn und seine Mutter zu Erben ausweist. Dies hatte sowohl vor dem Nachlassgericht, als auch dem Berufungsgericht und schließlich dem BGH keinen Erfolg.

Nach Auffassung des BGH liegt kein rechtlich beachtlicher Anfechtunsgrund vor. Zwar könne eine Ausschlagungserklärung bei einem Irrtum angefochten werden, aber nur, wenn das Rechtsgeschäft wesentlich andere als die beabsichtigte Wirkung erziele. Hier handele es sich um einen reinen Motivirrtum, da der Sohn nur über mittelbare Wirkungen geirrt habe.

Bei einer lenkenden Erbausschlagung, also einer solchen, bei der gezielt andere Personen Erben werden sollen, ergibt sich die Folge der Auschlagung nicht aus dieser selber, sondern aus den allgemeinen Regeln der gesetzlichen Erbfolge. Schlage jemand eine Erbschaft aus, so müsse er sich vorher über die sich daraus ergebenden Folgen hinsichtlich der Erben Gedanken machen, so der BGH.

BGH, Beschluss vom 22.03.2023, IV ZB 12/22
Quelle

BGH: Aus Testament muss sich Identität des Erben ergeben

Der Bundesgerichtshof hat in einer Entscheidung vom 10.11.2021 Stellung zum sogenannten „testamentum mysticum“ genommen.

Eheleute hatten sich gegenseitig zu Erben eingesetzt und auch angesprochen, wer nach ihrer beider Tod Erbe werden solle. Ein Teil des Nachlasses sollte an 5 befreundete Familien gehen, die sich aus einer Anlage zum Testament ergäben. Diese Anlage war – anders als das handschriftliche Testament – mit einem PC geschrieben und ausgedruckt und dann von den Eheleuten unterschrieben worden. Nach dem Erbfall entstand Streit, wer Erbe geworden sei.

Das erstinstanzliche Nachlassgericht hatte kein Problem mit der Erbenfeststellung, aber das OLG und dann auch der BGH sahen es als unwirksam an, wenn für einen Dritten nicht eindeutig ohne Rückgriff auf die (als Testament unwirksame) Anlage die Erben festzustellen seien.

Obwohl – was alle Instanzen bestätigten – die Erblasser tatsächlich diese fünf Familien begünstigen wollten, war es im Ergebnis unwirksam. Ein privates – also nicht vor einem Notar – errichtetes Testament muss vollständig handschriftlich verfasst sein, was hier für die Anlage nicht zutraf. Zudem muss sich aus dem Testament eindeutig alleine der Erblasserwille ergeben oder zumindest so eindeutig angedeutet sein, dass es weiterer Rückgriffe auf andere Quellen nicht bedarf. Insbesondere formnichtige Anlagen sind nicht zu berücksichtigen.

Somit war der erklärte Wille der Eheleute, der allen Beteiligten auch offenkundig war, nicht umzusetzen.

Diese Entscheidung zeigt, wie wichtig es ist, sich vor Errichtung eines Testamentes nicht nur Gedanken zu machen, sondern sich auch beraten zu lassen, damit nichts schief gehen kann.

BGH, Beschluss vom 10.11.2021, IV ZB 30/20

Quelle: Mitteilung Beck-Online

BGH: Schenkung belasteter Wohnung an Minderjährigen

In der erbrechtlichen Praxis ist es ein häufiger Fall, dass Immobilien im Wege der vorweggenommenen Erbfolge vorab an Personen übertragen werden. Hierdurch ist es möglich, alle 10 Jahre die Steuerfreibeträge zu nutzen, um im Todesfall für die Erben Erbschaftssteuer zu sparen. Problematisch kann es jedoch sein, wenn Übertragungen an Minderjährige durchgeführt werden. Aufgrund der gesetzlichen Regelung bedarf es hier oft einer familiengerichtlichen Genehmigung.

Der Bundesgerichtshof hatte jetzt einen Fall zu entscheiden, in dem eine Eigentumswohnung an einen 5 Jahre alten Enkel übertragen wurde, wobei sich die Übertragende selber einen Nießbrauch an dieser Wohnung vorbehalten hatte. Der Enkel sollte also eine belastete Wohnung erhalten. Das Grundbuchamt lehnte eine Eintragung dieses Nießbrauchrechts ab und verlangte eine Genehmigung dieses Vorgangs durch das Familiengericht.

Der BGH hat jetzt entschieden, dass es jedenfalls dann einer Genehmigung nicht bedarf, wenn die Einigung über die Übertragung der Wohnung sowie die Eintragung eines Nießbrauchsrechtes in einer Urkunde geschehen. Denn in diesem Fall bekomme das Minderjährige Kind eine Wohnung geschenkt, die bereits mit einem Nießbrauch belastet sei. Mithin sei der Nießbrauch bereits Teil des Geschenks.

Die Eintragung eines Nießbrauchs oder anderer belastender Rechte nach einer Übertragung einer Immobilie an einen Minderjährigen ist dagegen genehmigungspflichtig. Wird das aber in einer Urkunde vollzogen, also gleichzeitig, bedarf es keiner familiengerichtlichen Genehmigung.

Quelle: BGH, Beschluss vom 11.03.2021 – V ZB 127/19

Bundesgerichtshof erklärt Nutzung von Dashcams als Beweismittel für zulässig

Der Bundesgerichtshof hat in einer Entscheidung vom 15. Mai 2018 die Frage entschieden, ob Videoaufnahmen mit einer im Auto angebrachten Kamera (sogenannte Dashcam) als Beweismittel für einen Unfallprozess genutzt werden dürfen.

In einem Prozess stritten die Parteien über den Unfallhergang. Zwei Fahrzeuge waren auf zwei nebeneinander liegenden Abbiegespuren miteinander kollidiert. Streitig war, wer seine Fahrspur verlassen und die Kollision herbeigeführt hatte. Im klägerischen Fahrzeug war eine Videokamera installiert. Diese hatte die Zeit vor dem Unfall und den Unfall selber aufgezeichnet.

Ein Unfallgutachten konnte nicht ermitteln, wer die Kollision verursacht hatte. Der Kläger hatte angeboten, seine Videoaufnahme als Beweismittel zu nutzen. Dies hatte das erstinstanzliche Amtsgericht abgelehnt. Auch das Landgericht als Berufungsinstanz sah wegen Datenschutzes ein Beweisverwertungsverbot.

Der BGH hob das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zurück an das Landgericht.

Nach Auffassung des BGH sei zwar wegen Datenschutzes eine permanente anlasslose Aufzeichnung unzulässig. Aber trotzdem könne diese Aufzeichnung hier als Beweismittel dienen. Die Unzulässigkeit führe nicht ohne weiteres zu einem Beweisverwertungsverbot. Zunächst müssten die besonderen Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden. Eine Abwägung zwischen dem Interesse des Beweisführers an der Durchsetzung seiner zivilrechtlichen Ansprüche, seinem im Grundgesetz verankerten Anspruch auf rechtliches Gehör in Verbindung mit dem Interesse an einer funktionierenden Zivilrechtspflege einerseits und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Beweisgegners in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung und ggf. als Recht am eigenen Bild andererseits führe zu einem Überwiegen der Interessen des Klägers.

Maßgeblich sei, dass der Unfall auf einer öffentlichen Straße passiert sei. Wer sich freiwillig im öffentlichen Straßenverkehr bewege, sei der Wahrnehmung und Beobachtung anderer Verkehrsteilnehmer ausgesetzt. Auch seien nur Vorgänge auf öffentlicher Straße aufgezeichnet worden. Darüber hinaus müsse berücksichtigt werden, dass es bei Verkehrsunfällen oft Beweisnot gebe. Unfallanalytische Gutachten könnten daran in vielen Fällen nichts ändern, da die notwendigen Anknüpfungstatsachen fehlten.

Einer Verwertung als Beweismittel stünde auch der Datenschutz nicht entgegen.

Mithin können die Aufnahmen sogenannter Dashcams bei Fehlen anderer Beweismöglichkeiten trotz eines etwaigen Verstoßes gegen den Datenschutz bei einem Unfallprozess als Beweismittel herangezogen werden.

BGH, Urteil vom 15.05.2018, VI ZR 233/17

Quelle: Pressemitteilung des BGH

BGH präzisiert weitere Anforderungen an Patientenverfügungen

Bereits im Jahr 2016 hatte der Bundesgerichtshof die Anforderungen an Patientenverfügungen konkretisiert. Ein entsprechender Blogbeitrag findet sich hier.

Mit einem Beschluss vom 8. Februar 2017 hat der BGH dies weiter präzisiert.

Eine Betroffene erlitt im Jahr 2008 einen Schlaganfall und befand sich danach in einem Wachkoma. Bereits im Jahr 1998 hatte sie eine Patientenverfügung errichtet und bestimmt, dass lebensverlängernde Maßnahmen unterbleiben sollen, wenn u.a. keine Aussicht auf Wiedererlangung des Bewusstseins bestünde. Darüber hinaus hatte sie mündlich mehrfach geäußert, dass sie in einem Fall des Wachkomas nicht weiter leben wolle und deshalb eine Patientenverfügung habe. In der konkreten Behandlungssituation kurz vor dem Wachkoma äußerte sie auch mündlich den Wunsch zu sterben.

Für die Betroffene wurden im Jahr 2012 ihr Sohn und ihr Ehemann zu jeweils alleinvertretungsberechtigten Betreuern bestellt.

Im Jahr 2014 wünschte der Sohn im Einvernehmen mit dem behandelnden Arzt, die künstliche Ernährung einzustellen. Der Ehemann der Betroffenen lehnte dies ab.

Der Sohn klagte daraufhin für die Betroffene auf Genehmigung der Einstellung der künstlichen Ernährung und Flüssigkeitszufuhr. Sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht wiesen die Klage ab. Der Bundesgerichtshof hob die Entscheidung auf und verwies zurück an das Landgericht.

Eine betreuungsgerichtliche Genehmigung der Einstellung der künstlichen Ernährung sei dann nicht erforderlich, wenn wenn der Betroffene einen entsprechenden eigenen Willen bereits in einer bindenden Patientenverfügung niedergelegt habe und diese auf die konkret eingetretene Lebens- und Behandlungssituation zutreffe. Eine schriftliche Patientenverfügung entfalte aber nur dann unmittelbare Bindungswirkung, wenn ihr konkrete Entscheidungen des Betroffenen über die Einwilligung oder Nichteinwilligung in bestimmte, bei Abfassung der Patientenverfügung noch nicht unmittelbar bevorstehende ärztliche Maßnahmen entnommen werden können.

In dem vorliegenden Beschluss hat der BGH nun weiter präzisiert und ausgesprochen, dass sich die erforderliche Konkretisierung im Einzelfall auch bei einer weniger detaillierten Benennung bestimmter ärztlicher Maßnahmen durch die Bezugnahme auf ausreichend spezifizierte Krankheiten oder Behandlungssituationen ergeben könne. Ob in solchen Fällen eine hinreichend konkrete Patientenverfügung vorliege, sei dann durch Auslegung der in der Patientenverfügung enthaltenen Erklärungen zu ermitteln.

Nach der Auffassung des BGH habe sich die Vorinstanz nicht ausreichend mit der Frage beschäftigt, ob das hier der Fall sei. Die Festlegungen in der Patientenverfügung könnten dahingehend auszulegen sein, dass die Betroffene im Falle eines aus medizinischer Sicht irreversiblen Bewusstseinsverlusts wirksam in den Abbruch der künstlichen Ernährung eingewilligt habe. Ob der derzeitige Gesundheitszustand der Betroffenen im Wachkoma auf diese konkret bezeichnete Behandlungssituation zutreffe, habe das Beschwerdegericht bislang nicht festgestellt.

Sollte das Beschwerdegericht zu dem Ergebnis gelangen, dass der derzeitige Gesundheitszustand der Betroffenen nicht den Festlegungen der Patientenverfügung entspreche, werde es erneut zu prüfen haben, ob ein Abbruch der künstlichen Ernährung dem mutmaßlichen Willen der Betroffenen entspreche. Dieser sei anhand konkreter Anhaltspunkte zu ermitteln, insbesondere anhand früherer mündlicher oder schriftlicher Äußerungen, ethischer oder religiöser Überzeugungen oder sonstiger persönlicher Wertvorstellungen der Betroffenen. Entscheidend sei dabei, wie die Betroffene selbst entschieden hätte, wenn sie noch in der Lage wäre, über sich selbst zu bestimmen.

Quelle: Pressemitteilung des BGH

BGH, Beschluss vom 08.02.2017, XII ZB 604/15

BGH: Anspruch auf Geldentschädigung wegen Persönlichkeitsverletzung nicht vererblich

Der Bundesgerichtshof hat am 29.11.2016 entschieden, dass ein Anspruch auf Geldentschädigung wegen einer Persönlichkeitsverletzung grundsätzlich nicht vererblich ist.

Eine Erblasserin hatte ihre Krankenkasse wegen der Übernahme von Leistungen verklagt. In dem sozialgerichtlichen Verfahren wurde ein Sachverständigengutachten eingeholt. Das Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass die begehrte medizinische Leistung nur experimentell sei und empfahl daher eine Ablehnung. Die beklagte Krankenkasse legte dieses für sie güntstige Gutachten, welche persönliche und medizinische Daten der Erblasserin enthielt, dann in anderen sozialgerichtlichen Verfahren vor, welche in keinem Zusammenhang zu der Erblasserin standen. Hierbei wurden die Daten jedoch nur unzureichend anonymisiert, so dass die Person der Erblasserin erkennbar blieb.

Nach dem Versterben der Erblasserin klagte ihre Erbin wegen einer Verletzung des Persönlichkeitsrechtes der Erblasserin und ihres Rechtes auf informationelle Selbstbestimmung. Sowohl Landgericht als auch Berufungsgericht wiesen die Klage ab. Auch der BGH als Revisionsinstanz geht davon aus, dass der geltend gemachte Anspruch nicht auf die Erbin übergegangen ist, da er grundsätzlich nicht vererbbar sei.

Quelle: Urteil des BGH vom 29.11.2016, VI ZR 530/15

 

BGH konkretisiert Anforderungen an Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung

Der Bundesgerichtshof hat in einem Beschluss vom 06. Juli 2016 sich mit den Anforderungen beschäftigt, die an Vorsorgevollmachten und Patientenverfügungen in Zusammenhang mit den Abbruch lebensverlängernder Maßnahmen gestellt werden.

In dem der Entscheidung zugrundeliegendem Sachverhalt stritten Angehörige einer Patientin über einen etwaigen Abbruch lebensverlängernder Maßnahmen. Diese Patienten hatte eine Patientenverfügung errichtet, in welcher angegeben war, dass unter anderem dann, wenn aufgrund von Krankheit oder Unfall ein schwerer Dauerschaden des Gehirns zurückbleibe, „lebensverlängernde Maßnahmen unterbleiben“ sollten. Es bestand in der Folge jedoch Streit, ob diese Verfügungen die mit einer Vollmacht versehenen Tochter binde oder ob die Tochter selber über solche Maßnahmen entscheiden könne.

Der BGH entschied, dass in einer Patientenverfügung möglichst konkrete Tatsachen angegeben werden sollen. Eine schriftliche Patientenverfügung entfalte unmittelbare Bindungswirkung nur dann, wenn ihr konkrete Entscheidungen des Betroffenen über die Einwilligung oder Nichteinwilligung in bestimmte, noch nicht unmittelbar bevorstehende ärztliche Maßnahmen entnommen werden können. Von vornherein nicht ausreichend seien allgemeine Anweisungen, wie die Aufforderung, ein würdevolles Sterben zu ermöglichen oder zuzulassen, wenn ein Therapieerfolg nicht mehr zu erwarten ist.

Allerdings dürfen die Anforderungen hier aber auch nicht überspannt werden. Vorausgesetzt werden könne nur, dass der Betroffene umschreibend festlege, was er in einer bestimmten Lebens- und Behandlungssituation wolle und was nicht. Die Äußerung, „keine lebenserhaltenden Maßnahmen“ zu wünschen, enthalte jedenfalls für sich genommen keine hinreichend konkrete Behandlungsentscheidung. Die insoweit erforderliche Konkretisierung könn aber gegebenenfalls durch die Benennung bestimmter ärztlicher Maßnahmen oder die Bezugnahme auf ausreichend spezifizierte Krankheiten oder Behandlungssituationen erfolgen.

Nach der Auffassung des BGH benannte die Patientin in ihren Verfügungen keine ausreichend konkreten Behandlungsmaßnahmen, sondern hatte lediglich allgemein den Wunsch geäußert, dass lebensverlängernde Maßnahmen unterbleiben sollten. Auch aus sonstigen Äußerungen ergaben sich keine Andeutungen für eine Konkretisierung.

Des BGH verwies die Angelegenheit zurück an das zuvor befasste Landgericht, damit dieses überprüfen kann, ob die Patientin evtl. zuvor mündlich hinsichtlich konkreter Behandlungswünsche geäußert hatte oder sonstige Tatsachen extistieren, die die Annahme eines auf Abbruch der künstlichen Ernährung gerichteten mutmaßlichen Willens der Betroffenen rechtfertigen

BGH, Beschluss vom 06. Juli 2016, XII ZB 61/16

Quelle: Pressemitteilung des BGH

BGH: Keine pauschale Betreuervergütung nach Todesfall

Der Bundesgerichtshof hat in einem Beschluss vom 06. April 2016 entschieden, dass ein Betreuer, welcher zunächst in Unkenntnis des Todesfalls nach Versterben des Betreuten weiter tätig ist, keinen pauschalen Entschädigungsanspruch nach dem Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz (VBVG) hat. Allenfalls kann er einen Anspruch auf eine Entschädigung eines Vermundes in analoger Anwendung des Gesetzes beanspruchen.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte ein Betreuer nach dem Versterben seines Betreuten seine Tätigkeit fortgeführt, da er von dem Tod keine Kenntnis hatte. Das Amt des Betreuers endet jedoch mit dem Tod. Hierbei kommt es nicht darauf an, dass der Betreuer davon Kenntnis hat. Aus den Gesetzesmaterialien zur Änderung des Betreuungsrechts ergibt sich, so der BGH, dass der Todeszeitpunkt des Betreuten zugleich den Endzeitpunkt für den pauschalen Vergütungsanspruch des Betreuers darstellt. Diese müsse dann taggenau abgerechnet werden.

Ausdrücklich folgte der Senat hier nicht der Auffassung, dass bis zur Kenntnis des Betreuers von dem Sterbefall eine Vergütung nach den Pauschalsätzen festzusetzen sei. Dies ergebe sich bereits aus den erwähnten Gesetzesmaterialien. Zudem bleibe der Aufwand für eine in Unkenntnis des Todes des Betreuten ausgeübte Betreuertätigkeit regelmäßig hinter dem durchschnittlichen Betreuungsaufwand zurück.

Allenfalls sei ein solcher Betreuer sinngemäß wie ein Vormund zu vergüten.

BGH, Beschluss vom 06.04.2016, XII ZB 83/14

BGH: Anfechtung der Anfechtung einer Erbschaftsannahme ist nach 10 Jahren verfristet

Der Bundesgerichtshof hat sich in einem Beschluss vom 10.06.2015 mit der Frage beschäftigt, innerhalb welcher Frist es möglich ist, die Anfechtung einer Erbschaftsannahme wiederum anzufechten.

Eine Erblasserin war im Juni 1996 verstorben. Eine Tochter der Erblasserin hatte im November 1996 die Annahme der Erbschaft angefochten mit der Begründung, ihr wäre nicht bekannt gewesen, dass der Nachlass überschuldet sei. Gemäß den gesetzlichen Regelungen in § 1944 BGB kann ein Erbe die Erbschaft innerhalb von sechs Wochen nach dem Zeitpunkt ausschlagen, in welchem er von dem Anfall und dem Grund der Berufung als Erbe Kenntnis erlangt. Diesen Zeitpunkt hatte die Tochter verstreichen lassen, doch dann im November gemäß § 1954 BGB die Annahme der Erbschaft angefochten. Hierzu muss ein Irrtumsgrund vorliegen der verhindert, dass jemand innerhalb der Ausschlagungsfrist reagiert. Hier hatte sich die Tochter zutreffend darauf berufen, dass ihr erst später bekannt geworden war, dass der Nachlass überschuldet war. Im Ergebnis war diese Anfechtung wirksam und die Tochter somit nicht Erbin geworden.

Später wurde bekannt, dass der Nachlass nicht überschuldet war, da die Erblasserin selber Mitglied einer anderen – werthaltigen – Erbengemeinschaft war.

Die Tochter vertrat darauf hin die Auffassung, sie könne die Anfechtung der Erbschaftsannahme wiederum anfechten mit dem Ergebnis, dann doch Erbin zu sein. Dieser Auffassung hat nun der BGH widersprochen.

Nach Ansicht des BGH gelte für eine Anfechtung der Anfechtung die gesetzliche Frist aus § 121 BGB, nach welcher eine Anfechtung unverzüglich, also ohne schuldhaftes zögern, erfolgen müsse. Zudem betrage die Anfechtungsfrist 10 Jahre. Hinsichtlich einer Anfechtung der Anfechtung kommen nicht die spezialgesetzlichen Regelungen des Erbrechts zur Anwendung, da diese auf diesen Fall nicht anwendbar seien, sondern die generellen Normen einer Anfechtung. Zwar sei anerkannt, dass auch die Anfechtung einer Erbschaftsannahme angefochten werden könne, aber dies müsse innerhalb einer Frist von 10 Jahren erfolgen. Auch habe die Tochter nicht unverzüglich nach Kenntnis die Anfechtung erklärt, sondern erst einige Wochen abgewartet.

Im Ergebnis konnte die Tochter also die ursprüngliche Anfechtnung nicht beseitigen und ist somit nicht Erbin geworden.

BGH, Beschluss vom 10.06.2015, IV ZB 39/14

BGH: Anspruch auf Ausgleichszahlung auch bei Vorverlegung eines Fluges

Der Bundesgerichtshof hat sich in einer Entscheidung vom 09. Juni 2015 mit der Frage beschäftigt, ob Reisenden auch in dem Fall ein Anspruch auf Ausgleichszahlungen nach der Europäischen Fluggastrechteverordnung zukommen kann, wenn der Flug vorverlegt wird.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger buchte bei einem Luftverkehrsunternehmen Flüge nach Fuerteventura und zurück. Der Rückflug sollte ursprünglich am 05.11.2012 um 17.25 Uhr durchgeführt werden. Am 02.11.2012 wurde der Kläger darüber informiert, dass sein Flug bereits am 05.11.2012 um 08.30 Uhr starten solle. Daher vertrat der Kläger die Auffassung, dass diese Vorverlegung um 9 Stunden einer Annullierung gleich komme und verlangte die Zahlung einer Ausgleichszahlung in Höhe von 400 Euro. Zumindest aber müsse die Vorverlegung einer deutlichen Verspätung im Sinne der geltenden Rechtsprechung gleichgestellt werden.

In den Vorinstanzen blieb die Klage erfolglos. Die Gerichte vertraten hier die Auffassung, dass eine Vorverlegung keine Annullierung sei und die Vorschriften auch nicht entsprechend angewendet werden könnten.

Der BGH vertrat hier jedoch die Meinung, dass die jedenfalls nicht geringfügige Vorverlegung des Fluges mit einer Annullierung des ursprünglichen Fluges unter gleichzeitiger Anbietung eines alternativen Beförderungsmöglichkeit gleichzusetzen sei, so dass ein Ausgleichsanspruch in Betracht komme. Als Maßstab setzte das Gericht den Umstand, dass das Luftverkehrsunternehmen mit der Vorverlegung von seiner ursprünglichen Planung endgültig Abstand genommen habe. Dies sei durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes gedeckt.

Unter Berücksichtigung dieser Rechtsauffassung hat das Luftverkehrsunternehmen den klägerischen Anspruch anerkannt, so dass der BGH ein entsprechendes Anerkenntnisurteil erlassen hat.

BGH, Anerkenntnisurteil vom 09.06.2015, X ZR 59/14

Quelle: Pressemitteilung des BGH