Das Oberlandesgericht Hamm hat in einer Entscheidung vom 18. Juni 2014 festgestellt, dass ein Beifahrer grundsätzlich nicht verpflichtet ist, auf Verkehrsschilder zu achten. Ihn trifft insbesondere keine Pflicht bei einem Fahrerwechsel, sich nach einem durch vorherige Beschilderung angeordnetem Überholverbot zu verkundigen.
Ein Beifahrer hatte an einem Parkplatz das Steuer des Wagens übernommen, weil sich die Fahrerin um ein Kind auf dem Rücksitz kümmern musste. Bei der Weiterfahrt mißachtete der nunmehrige Fahrer ein Überholverbot, das durch ein Verkehrsschild noch während der Fahrt der Ehefrau angeordnet worden war. Es wurde ein Bußgeld verhängt. Das Amtsgericht vertrat die Auffassung, dass sich ein Beifahrer bei Fahrtantritt bei dem bisherigen Fahrer hätte nach den geltenden Verkehrsregelungen erkundigen müssen.
Dieser Auffassung folgte das OLG nicht. Ein Beifahrer ist kein Verkehrsteilnehmer und muss daher nicht auf Verkehrszeichen achten. Eine Rechtsgrundlage dafür, dass er sich bei Fahrerwechsel beim bisherigen Fahrer erkundigen müsse, existiert nicht. Das Verkehrsschild sei zum Zeitpunkt des Wechsels nicht mehr sichtbar gewesen und daher für den Fahrer nicht verbindlich.
Das OLG verwies die Sacher erneut an das Amtsgericht, da es nicht beurteilen könnte, ob den Fahrer evtl. aus anderen Gründen eine Pflichtverletzung vorgeworfen werden könne. Diese könnte sich daraus ergeben, dass die Strecke – und damit das Überholverbot – dem Fahrer bereits bekannt war. Auch sei es möglich, dass die örtlichen Begebenheiten das Vorliegen eines Überholverbotes besonders nahe legten. Das Amtsgericht muss diesen Fragen nunmehr in einer neuen Entscheidung nachgehen.
OLG Hamm, Beschluss vom 18.06.2014, 1 RBs 89/14
Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm